Die Corona-Mutante wütet, Hertha BSC hat sie schon erwischt, und das Horror-Szenario Saisonabbruch bedroht auch die übrigen Bundesligisten. DFL-Boss Christian Seifert und seine Berater zerbrechen sich deshalb schon die Köpfe, wie sich die verbleibenden fünf Spieltage bis Ende Mai ohne allzu großes Risiko durchführen lassen. Quarantäne-Trainingslager sind dabei weiter eine Option.
Nachdem Hertha am Donnerstag als erster Bundesligist wegen mehrerer Coronafälle geschlossen bis mindestens zum 29. April in Isolation musste und drei Spiele abgesagt wurden, war klar: Es gibt Redebedarf. Nach SID-Informationen wird sich das Präsidium der Deutschen Fußball Liga (DFL) in der kommenden Woche noch einmal mit dem Thema befassen und sich dann mutmaßlich dafür entscheiden.
Die wahrscheinlichste Variante ist ein Beschluss für die letzten zwei oder drei Spieltage. Einen Saisonabbruch dagegen schloss Seifert zuletzt bei Bild live noch aus. Trainer Christian Streich vom SC Freiburg gab sich ebenfalls hoffnungsfroh: „Ich mache mir keine Sorgen über einen Saisonabbruch, weil ich mir keine Sorgen machen will. Ich will optimistisch bleiben. Ich glaube, dass wir das hinbekommen.“
Auch für den Gesundheitspolitiker Karl Lauterbach wäre ein vorzeitiges Ende keine Lösung. „Ich weiß nicht, ob ein Saisonabbruch hier wirklich noch sinnvoll ist“, sagte Lauterbach dem SID. Er lobte die Hygienekonzepte der DFL, die gegen die Mutante aber auch nicht mehr im vollen Umfang schützten.
Die Spieler müssten sich des „Restrisikos“ bewusst sein. „Das ist tatsächlich der Preis, der gezahlt werden muss, wenn man die Liga zu Ende spielen will. Die Konzepte der DFL sind wirklich gut, aber es (die B117-Mutation/d. Red.) ist halt sehr ansteckend“, so der SPD-Politiker.
Lauterbach sieht ein Bubble-Konzept für die Liga nicht ohne Risiko. „Denn wenn es dann dort zu einer Infektionskette kommt, sind auch sehr viele gleichzeitig betroffen“, sagte der 58-Jährige: „Von daher würde ich fast mit dem jetzigen Konzept weitermachen.“ Mit einer Einschränkung aber dann doch: „Es sei denn, die Fallzahlen in der Bevölkerung steigen insgesamt sehr stark“, so Lauterbach: „Dann wird es auch für die Fußballer schwieriger.“
Wie schwierig es jetzt schon sein kann, zeigte der Fall Hertha. Die positiven Tests von Trainer Pal Dardai, Co-Trainer Admir Hamzagic, Dodi Lukebakio, Marvin Plattenhardt und Torhüter Rune Jarstein bringen den Tabellen-16. in die missliche Lage, sechs Spiele im Dreitagesrhythmus in wenigen Wochen spielen zu müssen. Gerade die fehlende Trainingspraxis wird ihre Auswirkungen haben.
Im Aktuellen Sportstudio des ZDF betonte Hertha-Sportdirektor Arne Friedrich, dass er dennoch keinen Wettbewerbsnachteil sehe. „Klar ist es eine superschwere Situation“, so der 41-Jährige, der Klub habe sich aber schließlich „tabellarisch selbst in diese Lage gebracht“. Auch einem Quarantäne-Trainingslager stünde er wohl offen gegenüber, wenn es nötig sein sollte. „Das Wichtigste ist die Gesundheit der Spieler und Mitmenschen“, sagte Friedrich.
Auch unter den anderen Klubs hat die zunächst verworfene Idee der Kasernierung Rückhalt. „Ich habe ja damals schon gesagt, das ist eine kluge Idee der DFL, mich hat es letztendlich überrascht, dass man es nicht gemacht hat“, sagte Trainer Heiko Herrlich vom FC Augsburg. Auch Geschäftsführer Jörg Schmadtke vom VfL Wolfsburg hatte sich zuletzt pro Trainingslager geäußert.
Wie Coach Urs Fischer von Union Berlin am Samstag mitteilte, werde sein Klub vor den kommenden beiden Spielen bei Borussia Dortmund (21. April) und gegen Werder Bremen (24. April) aus eigener Initiative in Hotel-Quarantäne gehen. Viel mehr werden die Klubs aber auch nicht tun können. „Es bleibt uns nichts anderes übrig, als weiterhin die Konzepte bestmöglich umzusetzen“, so Fischer. Denn die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. sid