Beim VfL Bochum wird Dariusz Wosz bis heute noch verehrt. Die "Zaubermaus", wie der Offensivkünstler von den Fans genannt wurde, war Kapitän und Regisseur der Bochumer Mannschaft. Heute leitet er die VfL-Fußballschule und ist darüber hinaus noch Markenbotschafter des Klubs. Das fußballerische Talent liegt dabei wohl in der Familie, denn sein Neffe Joscha Wosz steht vor dem Durchbruch in der Bundesliga.
Wosz: Leipziger Eigengewächs
Der 18-Jährige ist der erste Spieler, der es aus dem Nachwuchsbereich von RB Leipzig in die Bundesliga schaffte. Der 2009 gegründete Klub schickt zwar oft eine extrem junge Mannschaft auf den Platz, aber diese besteht nicht aus Eigengewächsen. Kein einziges Talent aus den eigenen Reihen hat sich in den letzten Jahren bei Leipzig durchsetzen können. "Bis jetzt war es so, dass sich das hohe Investment im Nachwuchs oft nicht ausgezahlt hat", erklärte RB-Geschäftsführer Oliver Mintzlaff zuletzt gegenüber der "Bild". Nur der 1. FC Union Berlin hat weniger Eigengewächse im Bundesligakader (2) als Leipzig (3).
Und nur Dariusz Wosz kam bislang auf Bundesliga-Einsätze. Sein Profi-Debüt feierte er beim 4:0-Sieg gegen Schalke im Oktober 2020. Im Dezember folgte erneut eine Einwechslung im Spiel gegen Werder Bremen (2:0). Besonders dürfte auch sein drittes Spiel für die Profis gewesen sein. Im Februar wurde Wosz im DFB-Pokal ausgerechnet gegen den VfL Bochum (4:0), den Herzensverein seines Onkels, eingewechselt.
Leipzig: Nachwuchs mit Schwierigkeiten
Warum sind diese Einsätze besonders? RB Leipzig hat sich mit hohen Ausgaben schnell in der Spitzengruppe des deutschen Fußballs festgesetzt. Die Mannschaft von Julian Nagelsmann ist jung und erfolgreich. Es werden keine alten Akteure dazu verpflichtet, sondern nur aufstrebende Talente aus dem Ausland. Bevorzugt vom Schwesterverein aus Salzburg. Die eigene Jugend bleibt dabei auf der Strecke.
Nagelsmann sieht bei den Spieler aus dem Nachwuchsleistungszentrum nicht genügend Gier. "Ich habe immer einen großen Wunsch, wenn ein Jugendspieler in mein Team kommt: Der muss die Welt einreißen wollen", so Nagelsmann, der sichtlich unzufrieden mit dem Nachwuchs ist: "Er muss erkennen, dass da ein junger Trainer ist, der auf Talente setzt. Da muss ich in die Profi-Kabine gehen, mich umziehen, und dann muss der Rasen brennen. Da muss nicht alles perfekt sein. Aber die Mentalität muss ich sehen. Und das tue ich nicht bei allen."
Dariusz Wosz lobt Neffen: "Wie Kimmich"
Bei Wosz scheint es anders zu sein. Nagelsmann bescheinigte ihm gute Trainingsleistungen und er strahle viel Torgefahr aus. Der offensive Mittelfeldspieler wurde allerdings von Leipzig auch als Außenverteidiger eingesetzt. "Grundsätzlich ist er von der Statur her ein Außenverteidiger-Kandidat", so Nagelsmann. Noch habe er allerdings "Positions-Anpassungsschwierigkeiten", die besprochen werden müssten.
Sein Onkel sieht ihn auf einer anderen Position. "Joscha ist vielseitig. Für mich ist er ein Zehner wie Xherdan Shaqiri, aber vielleicht wird er am Ende doch noch ein Sechser wie Kimmich", so Dariusz Wosz gegenüber der "Mitteldeutschen Zeitung". Der 51-Jährige gab ihm nach seinem Debüt auch Tipps mit auf den Weg: "Das Wichtigste ist, dass er jetzt klar bleibt. Dann wird er seinen Weg machen. Er darf sich nicht gleich ein dickes Auto holen, wenn er zehn, 20 Bundesligaspiele hat."
[article=509250]RB Leipzig stattete den 18-Jährigen im Januar mit einem Profivertrag bis 2024 aus.[/article] Er könnte das erste Eigengewächs werden, das den Durchbruch schafft. Aktuell ist das Titelrennen zu knapp für Experimente, aber Leipzig hat mit der Vertragsverlängerung gezeigt, wie groß die Wertschätzung für Wosz ist. In der kommenden Saison dürfte der Neffe der Zaubermaus sein Können wohl noch öfter beweisen. Aber vielleicht nicht auf seiner gelernten Position. Mal sehen, ob sein Onkel oder sein Trainer bezüglich seiner Position Recht behalten.