Die Forderung der Sport-Bosse nach einer „Roten Karte“ für die Corona-Notbremse ist bei der Politik ungehört verhallt. Die Hoffnungen auf Lockdown-Lockerungen im Amateurbereich unabhängig von den Inzidenz-Werten haben sich zerschlagen. Was mit Zuschauer-Pilotprojekten passiert, ist fraglich. Der Sport wurde nach den Beratungen von Bund und Ländern in den Beschlüssen gar nicht erst erwähnt.
Die Nicht-Beachtung sorgte für große Enttäuschung beim Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB). „Die aktuelle Beschlusslage stellt auch für den gesamten Sport nochmals einen herben Rückschlag dar. Nach ersten wichtigen Öffnungsschritten wird nun der gesamte Vereinssport erneut zur Bewegungslosigkeit verdammt“, sagte DOSB-Präsident Alfons Hörmann: „Das tut richtig weh und wird die schon jetzt deutlich erkennbaren Schäden im gesamten Sportsystem nun von Woche zu Woche nochmals weiter erhöhen.“
Nach der Entscheidung der Politik bleibt es beim Status Quo, der faktisch aber aufgrund der Koppelung an die Inzidenz-Werte immer weitere Beschränkungen mit sich bringt. Schließlich steigen die Zahlen stetig an. Am Dienstag lag der bundesweite Wert bei 108,1. Nur bei einer stabilen Sieben-Tage-Inzidenz von unter 50 dürfen bis zu zehn Personen in kleinen Gruppen unter freiem Himmel Sport treiben. Einen solchen Wert weisen nur noch die wenigsten Landkreise und Städte auf.
Aufgrund der zunächst bis zum 18. April verlängerten Lockdown-Regeln droht wie bereits im Vorjahr vielen Amateurligen der Saisonabbruch. Vor den Auswirkungen auf den Breitensport und das Vereinsleben hatte auch der Deutsche Fußball-Bund (DFB) gewarnt.
„Der Amateurfußball sitzt im Wartezimmer der Politik, aber sein Zustand verschlechtert sich. Der Ball muss wieder rollen, die Mannschaften müssen sofort zurück auf Platz“, hatte Vizepräsident Rainer Koch zuletzt gefordert: „Wir verstehen die Ängste der Politik. Aber die Angst vor dem Amateurfußball ist völlig unbegründet.“
Koch verwies auf besorgniserregenden Zahlen, die zuletzt bei einer DFB-Umfrage zu Tage getreten sind. Diese hatte ergeben, dass die Verbundenheit der Mitglieder zu den 25.000 Vereinen schwindet. Vor der Pandemie sagten 88 Prozent, dass sie eng oder sehr eng mit ihrem Klub verbunden sind. Diese Zahl ist auf 52 Prozent gesunken. 22 Prozent der Funktionäre und Trainer verzeichneten eine „spürbare“ Zahl von Austritten.
Auch die Klubs jenseits des Fußballs berichteten zuletzt über Mitgliederverluste, die Zahl der ehrenamtlich Engagierten nehme zudem ab. „Immer mehr Vereine spüren eine hochbedenkliche Armut an Aktivitäten und echte Existenzsorgen für die Zukunft“, äußerte Hörmann am Dienstag.
Im Gegensatz zu den Amateuren bleiben die Profis privilegiert. Eliteklassen wie die Fußball-Bundesliga, die ihr Hygienekonzept verschärft hat, dürfen weiterspielen - wenn auch wie bisher ohne Zuschauer. Am Montag hatten sich Hoffnungen auf eine Fan-Rückkehr beim Spitzenspiel zwischen RB Leipzig und Bayern München am 3. April zerschlagen. Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung bezeichnete das Modellprojekt mit 999 Zuschauern als „momentan völlig illusorisch“.
Ein anderes Pilotprojekt planen die BR Volleys. Der Volleyball-Bundesligist aus Berlin hofft auf die Freigabe seines Konzepts für das Spiel am Mittwoch in der Max-Schmeling-Halle gegen die SWD powervolleys Düren, das Perspektiven für eine Öffnung erproben soll. Der Klub stellte sich auf ein Kommen von bis zu 800 Zuschauern ein, bereits am Sonntag waren nahezu alle verfügbaren Tickets vergriffen.
Hörmann baut darauf: „Uns bleibt einmal mehr nur die Hoffnung, dass es in zahlreichen Fällen individuelle Modellprojekte für mehr Bewegungen geben wird und dann ab April eine flächendeckende und schrittweise Öffnung erfolgen kann.“ sid