Samed Yesil denkt nicht zurück. „Ich lebe im Hier und Jetzt und bin zufrieden“, sagt er. Dabei könnte der 26-Jährige mit seiner Vergangenheit auch ein bisschen angeben. Welcher Regionalliga-Fußballer kann schon von sich behaupten, mal für den berühmten FC Liverpool gespielt zu haben?
Die Gegenwart heißt für den in Düsseldorf geborenen Deutsch-Türken vierte Liga, Yesil spielt in Duisburg für den VfB Homberg. Der befindet sich gerade in einer guten Verfassung, steht in der Regionalliga West mit 17 Punkten aus 17 Spielen auf einem Nichtabstiegsplatz. Und das ist auch ein Verdienst des ehemaligen Stürmers des FC Liverpool.
Samed Yesil wechselte 2012 von Bayer Leverkusen zum FC Liverpool
Samed Yesil hat schon einiges erlebt in seiner Karriere. 2011 spielte er für Deutschland bei der U17-WM in Mexiko und erhielt dort den Silbernen Schuh. Die Fußballwelt stand ihm sozusagen offen. Ein Jahr später, im Sommer 2012, setzte der junge Mann aus der Nachwuchs-Abteilung von Bayer Leverkusen seine Unterschrift unter einen Vierjahresvertrag beim großen FC Liverpool. Es folgten Stationen in drei weiteren Ländern.
Acht Jahre nach der Unterschrift in Liverpool aber war Yesil heilfroh, dass im Oktober 2020 der VfB Homberg ihm die Arme ausstreckte und ihn unter Vertrag nahm. Die Zusammenarbeit fing schon mal gut an. In neun Einsätzen erzielte Yesil zwei Treffer. „Samed ist hochtalentiert, sehr fleißig und dabei immer sehr bescheiden“, sagt Hombergs Trainer Sunay Acar. „Wir sind sehr froh, dass er bei uns spielt. Er ist aktuell vielleicht bei 70 Prozent seines Leistungsvermögens. An der Fitness mangelt es noch. Wir arbeiten darauf hin, dass er bei uns zu seiner vollen Leistungsstärke kommt. Das wäre sowohl für ihn als auch den VfB Homberg Gold wert.
Trotz Vierjahresvertrag: Yesil mit nur zwei Pflichtspielen für die Reds
Hier fängt Samed Yesil neu an, Liverpool ist für ihn lange her. Zweimal, gegen West Bromwich Albion und Swansea City im League Cup, durfte er für die Reds an den Ball. Insgesamt dreieinhalb Jahre verbrachte er an der Anfield Road, doch es war eine Zeit mit viel Verletzungspech. Dass es nicht nach Wunsch lief und er vorwiegend in der zweiten Mannschaft eingesetzt wurde, lag auch an zwei kurz nacheinander folgenden Kreuzbandrissen. „Liverpool war eine geile Zeit, ein Traum. Aber das war einmal“, sagt er deshalb heute im Gespräch mit dieser Redaktion.
Eine Anekdote aber packt er dann doch noch aus. „Als ich mit 18 Jahren nach Liverpool ging, war ich ein Fan – seit dem Champions-League-Finale 2005 in Istanbul gegen den AC Mailand, als Liverpool das 0:3 drehte und im Elfmeterschießen gewann. Auf der Playstation habe ich dann am liebsten mit Coutinho oder Luis Suarez gespielt. Plötzlich saß ich neben diesen Weltstars in der Kabine. Wahnsinn!“ Samed Yesil erzählt, in den ersten Tagen sei er „wie versteinert“ gewesen. „Ich konnte das alles nicht fassen, ich habe kein Wort gesagt. Ich habe sie nur beobachtet: beim Umziehen, im Training, beim Anziehen. Das war alles so unwirklich.“
Die Nervosität legte sich mit der Zeit, doch es sollte nicht reichen für die große Karriere. „Die Verletzungen haben mich extrem zurückgeworfen“, erzählt Yesil und gibt offen zu: „Es gab da auch Momente, in denen ich gar keine Lust mehr hatte. Ich habe mich auch etwas gehen lassen. Nach den Kreuzbandrissen hatte ich immer wieder mit Übergewicht zu kämpfen.“
Samed Yesil verspricht: "Man wird noch von mir hören"
Yesil wurde für eineinhalb Jahre an den FC Luzern ausgeliehen, im Sommer 2016 endete dann das Kapitel Liverpool. Er wechselte nach Athen zu Panionios – „sportlich gesehen ein super Jahr“. Aber: „Leider habe ich ein Jahr lang kein Gehalt bekommen. Bis heute verhandeln mein Berater Reza Fazeli sowie die Anwälte mit Panionios.“
So ging es für den mittlerweile in Krefeld wohnenden Yesil zurück nach Deutschland -- zum Drittligisten KFC Uerdingen. Eine Station zum Vergessen, mit nur vier Kurzeinsätzen. Nach einem Intermezzo in der Türkei bei Ankara Demir landete er schließlich im Oktober 2020 beim VfB Homberg. Und da ist er nun endlich wieder glücklich.
„Ich bin wieder bei meiner Familie und meinen Freunden. Es macht beim VfB viel Spaß. Ich will hier wieder in Form kommen, dem Verein mit Toren danken und noch einmal angreifen. Ich bin erst 26 Jahre alt und kann noch viele Jahre spielen. Ich weiß, was ich drauf habe.“ Sein Ehrgeiz ist ein Versprechen: „Man wird noch von mir hören.“