Prekäre Finanzen, Rücktritt von Klubpatron Clemens Tönnies und katastrophale Bundesligarückrunde - nach Pleiten, Pech und Pannen in den letzten Monaten begann für die Königsblauen am Montag mit dem Trainingsauftakt zumindest in sportlicher Hinsicht ein Neuanfang. Es ist ein Start ins Ungewisse.
Erst die Zukunft wird zeigen, ob Schalke das Ruder herumreißen kann - sportlich und wirtschaftlich. 16 Spiele in der Bundesliga-Rückserie war S04 ohne Sieg geblieben und hatte eine fatale Talfahrt hingelegt. In der neuen Spielzeit soll alles besser werden, immerhin konnte Trainer David Wagner seinen Kader weitgehend komplett begrüßen - nur Nabil Bentaleb weilte noch im Urlaub.
Angesichts von 197 Millionen Euro Verbindlichkeiten (Konzernabschluss 2019) sind die Knappen allerdings gezwungen, den Gürtel enger zu schnallen. Sportvorstand Jochen Schneider hatte unlängst im SID-Interview klar gestellt: „Wir müssen darauf achten, unsere Aufwendungen wieder in ein ordentliches Verhältnis zu unseren Erträgen zu bringen.“
Eine, wenn auch umstrittene Landesbürgschaft des nordrhein-westfälischen Finanziminsteriums von geschätzt 31,5 Millionen Euro bringt auf jeden Fall Entspannung. Aber jede Entlastung der angespannten Kassen ist willkommen. Erste Erfolge haben sich offenbar schon abgezeichnet.
Wie der kicker berichtet, haben die Königsblauen in den vergangenen Tagen rund 5,5 Millionen Euro erwirtschaftet. Dabei handelt es sich um Einsparungen von Gehältern durch Spielerverkäufe und eine Beteiligung an der Ablöse von Nationalspieler Leroy Sane von Manchester City zum Liga-Primus Bayern München. Angeblich beläuft sich die Summe auf 2,5 Millionen Euro, die S04 aus dem Sane-Wechsel einstreicht.
Das Eigengewächs war 2016 für rund 50 Millionen Euro Ablöse vom Schalker Markt zu ManCity gewechselt. Der FC Bayern ließen sich die Dienste von Sane angeblich 49 Millionen Euro an Ablöse kosten. Zunächst hatte es geheißen, dass Schalke eine Ausbildungsentschädigung in Höhe von 1,2 Millionen Euro erhalten solle.
Die Transfers von Cedric Teuchert (zu Union Berlin) und Pablo Insua (zu SD Huesca) bringen nochmals drei Millionen Euro in die Kassen. Die Einsparungen aufseiten der Königsblauen könnten sich noch erhöhen, sollte sich der Klub von den bislang ausgeliehenen Profis Nabil Bentaleb, Mark Uth, Sebastian Rudy und Hamza Mendyl trennen.
Laut kicker soll sich das Gehalt des Quartetts auf 20 Millionen Euro per annum belaufen, die Ablöse wird auf mindestens 25 Millionen Euro taxiert. Allerdings ist es in Coronazeiten schwieriger geworden, zahlungskräftige Abnehmer zu finden.
Ob die Königsblauen die Rückkehrer überhaupt wieder abgeben, ist laut Sascha Riether aber nicht gesichert. „Die Jungs haben alle Vertrag bei Schalke, und wir freuen uns, dass sie da sind. Sie haben gute Saisons in ihren Leih-Vereinen gespielt“, sagte der Leiter der Lizenzspielerabteilung im Schalker Trainings-Livestream: „Ich hoffe, dass die Jungs ihre Leistungen auch bei uns zeigen können.“ Der zuletzt bei Ligakonkurrent 1. FC Köln unter Vertrag stehende Uth habe Riether gegenüber sogar gesagt, „dass er bei Schalke spielen und erfolgreich sein will.“
Dass Leistungsträger Ozan Kabak (20) zuletzt als möglicher Neuzugang beim englischen Meister FC Liverpool gehandelt wurde, sorgt allerdings auf Schalke für zwiespältige Gefühle. Schließlich sollen Stammkräfte gehalten werden - dazu zählen auch Amine Harit und Weston McKennie.
Schneider weiß, dass es ein Tanz auf der Rasierklinge für die königsblauen Verantwortlichen in der Nach-Tönnies-Ära wird. Schließlich soll die Mannschaft nicht so geschwächt werden, dass sie möglicherweise sogar in der Saison 2020/21 in die Abstiegszone rutscht. Aber Transfererlöse würden gleichzeitig guttun - eine höchst komplizierte Ausgangslage. sid
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