Julian Brandt hatte ganz viel Zeit, er hob den Kopf, er schaute, dann spielte er den Ball präzise in die Mitte und Erling Haaland drückte ihn aus kürzester Distanz über die Linie. Es war in der Nachspielzeit der Treffer zum 2:0, der Borussia Dortmund einen letztlich verdienten Sieg bei RB-Leipzig bescherte – und am 33. Spieltag auch rechnerisch die Vizemeisterschaft sicherte.
BVB-Trainer Lucien Favre hatte zwei wesentliche Änderungen an seiner Startelf vorgenommen: Giovanni Reyna ersetzte Jadon Sancho und Mateu Morey vertrat den gelbgesperrten Achraf Hakimi. Für die auffälligen Szenen sorgten zunächst aber andere.
Borussia Dortmund nach Mainz-Blamage auf Wiedergutmachung aus
Beide Mannschaften gingen engagiert ins Spiel, beide wollten den Ball haben, beide wollten nach vorne spielen. Für den ersten Hauch von Torgefahr sorgte Leipzigs Patrick Schick, der aus halblinker Position im Strafraum allerdings deutlich zu hoch schoss (8. Minute).
Mehr und mehr aber übernahm der BVB die Initiative, der gegenüber dem kläglichen 0:2 gegen Mainz 05 drei Tage zuvor kaum wiederzuerkennen war. Die erste richtig sehenswerte Kombination malten die Dortmunder nach elf Minuten auf den Rasen. Raphael Guerreiro legte zurück auf Haaland, bei dessen Schuss allerdings stand Thorgan Hazard im Weg und auch noch im Abseits – Chance verpufft (11.). Wenig später verzog der Belgier selbst auf Vorlage von Guerreiro (13.).
Die Dortmunder kontrollierten die Partie nun deutlich und die weit aufrückenden Leipziger boten ihnen erstaunlich viele Räume an. Hazard schüttelte Dayot Upamecano locker ab, sprintete in Richtung Strafraum und bediente Haaland, der allerdings vollkommen frei aus kürzester Distanz an Leipzig-Torhüter Peter Gulacsi scheiterte (15.). Und auch Haalands Schuss von der Strafraumgrenze hielt Gulacsi sicher fest (16.).
Leipzig fand in dieser Phase kein Mittel gegen den BVB und hätte sich fast selbst dezimiert: Schick grätschte Axel Witsel rüde von hinten in die Beine und war mit der Gelben Karte sehr gut bedient (21.). „Warum gibt es dafür keine Rote Karte?“, brüllte der aufgebrachte BVB-Sportdirektor Michael Zorc. „Der geht von hinten in die Beine! Das ist doch ein Witz, ist das!“
BVB belohnt sich nach einer halben Stunde
Und dann dauerte es nicht mehr lang, bis sich der BVB endlich für seinen starken Auftritt belohnte: Mats Hummels spielte in der eigenen Hälfte vier Gegner aus und spielte weiter auf Brandt, der nach Doppelpass mit Hazard auf der rechten Seite davonstürmte und dann das Auge für den aus dem Rückraum heranstürmenden Reyna hatte. Und statt selbst abzuschließen, spielte der 17-Jährige den Ball im Vollsprint mit nur einem Kontakt weiter auf Haaland, der seine dritte gute Chance nutzte und überlegt ins lange Eck schoss (30.). Es war das 83. Saisontor für Dortmund, was einen Vereinsrekord bedeutete.
Und was machte eigentlich Timo Werner, der torgefährlichste Stürmer der kurzen RB-Geschichte, der vor der Partie wegen seines anstehenden Wechsels zum FC Chelsea verabschiedet wurde? Es war nicht allzu viel zu sehen vom Nationalstürmer, bis Emil Forsberg in einmal in den Strafraum schickte und Werner aus spitzem Winkel nicht an Roman Bürki im BVB-Tor vorbei kam (40.).
Leipzig zu harmlos, Haaland sorgt für die Entscheidung
Leipzig-Trainer Julian Nagelsmann musste zur Pause etwas ändern und er brachte Tyler Adams für Lukas Klostermann (46.). Doch erst einmal blieb der BVB gefährlicher: Reyna steckte durch auf Haaland, der legte quer auf Morey, der aber erschrak angesichts des herausstürzenden Gulacsi wohl etwas und verzog frei vor dem Tor knapp (47.). Und Haalands Gewaltschuss aus spitzem Winkel lenkte der RB-Torhüter mit viel Glück an die Latte (52.). Der BVB musste sich zu diesem Zeitpunkt nur eins vorwerfen lassen: dass er nicht längst höher führte.
Leipzig brachte bis auf einen schwachen Schick-Kopfball im gegnerischen Strafraum wenig zustande (57.), immerhin aber konnten die Gastgeber die Partie nun ausgeglichener gestalten und mehr in die Dortmunder Hälfte verlagern. Ernsthafte Chancen aber gab es auf beiden Seiten lange nicht, stattdessen holte sich Emre Can seine fünfte Gelbe Karte der laufenden Saison ab und wird im letzten Saisonspiel gegen 1899 Hoffenheim fehlen. Favre aber hatte ja noch ein Ass im Ärmel, er brachte Sancho für den ausgepumpten Morey (78.) und später noch Leonardo Balerdi für Reyna (81.). Leipzig blieb spielbestimmend und kam noch zu einer richtig guten Torchance: Angelino wurde im Strafraum freigespielt, doch Bürki stürzte blitzschnell aus seinem Tor und parierte den Schuss aus spitzem Winkel (85.). Auf der anderen Seite machte es Haaland besser, sicherte dem BVB die Vizemeisterschaft – und einen Spieltag vor Saisonende somit einen versöhnlichen Abschluss der Bundesliga.
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