In diesem wirklich desaströsen Spieljahr geht bei Werder Bremen alle drei bis vier Monate ein Saisonziel über Bord. Anfang November verabschiedete sich der Club von seinen Europapokal-Ambitionen. Anfang Februar war dann auch die Hoffnung dahin, sich irgendwie noch aus dem Abstiegskampf zu befreien. Seit diesem Sonntag weiß man bei der Nummer drei der ewigen Bundesliga-Tabelle, dass man die weitere Zugehörigkeit zu dieser Liga auch kaum mehr auf direktem Weg wird sichern können. Nach dem 0:1 gegen den VfL Wolfsburg ist die einzig halbwegs realistische Option, sich in die Relegationsspiele gegen den Zweitliga-Dritten zu retten.
„Wir kämpfen um den Relegationsplatz, das ist unser erstes Ziel“, sagte Trainer Florian Kohfeldt. „Es sind noch vier Spiele. Und in vier Spielen ist es möglich, drei Punkte Rückstand aufzuholen. Wenn wir das schaffen sollten, haben wir noch zwei weitere Spiele. Dann haben wir eine Chance, in dieser Liga zu bleiben.“
Bei vielen Werder-Fans löste das Wolfsburg-Spiel eher das Gefühl aus: Das war es jetzt. Der zweite Bundesliga-Abstieg nach 1980 ist nicht mehr zu vermeiden. Nach nur einem Sieg in 15 Heimspielen und nur 25 Punkten in 30 Spielen insgesamt, lassen sich kaum noch Anhaltspunkte finden, warum das mit dem Angriff auf den Relegationsplatz ausgerechnet in den letzten vier Partien noch klappen sollte.
Die Anzahl der verbleibenden Spiele wird immer geringer, die Liste der maßgeblichen Mängel bleibt aber unverändert lang. Über die wiederholten Stellungsfehler vor dem Gegentor durch Wout Weghorst sagte Kohfeldt: „Das tut richtig weh. Wir haben das Gefühl, wir verteidigen alles weg - und es passiert trotzdem wieder.“ Und über die Probleme weiter vorn schrieb die „Süddeutsche Zeitung“: „Die Harmlosigkeit im Angriff wächst sich zur Hoffnungslosigkeit aus.“
Gegen dieses Gefühl der Resignation redet und arbeitet aber einer weiter an: der Trainer. „Der erste Schritt ist, dass wir aus der sportlichen Führung vorangehen“, sagte Kohfeldt am Sonntag. „Ich will alles tun, dass wir drinbleiben. Jede Faser muss das ausstrahlen.“
Konkret hoffen die Bremer noch auf zwei Faktoren:
Das Restprogramm
Mit etwas Zählbarem gegen den FC Bayern München (16. Juni) rechnet in Bremen niemand. Den Tabellenletzten SC Paderborn (13. Juni), den Tabellen-15. Mainz 05 (20. Juni) und den Tabellen-11. 1. FC Köln sollte aber jemand schlagen, der in dieser Saison noch etwas vorhat. „Es ist klar, dass wir nächste Woche gegen Paderborn und auch in Mainz punkten müssen. Ich glaube, dass die Mannschaft lebt“, sagte Sport-Geschäftsführer Frank Baumann. Nimmt man aber allein die Tabelle zum Maßstab, hat auch der Hauptkonkurrent Fortuna Düsseldorf mit dem FC Augsburg und Aufsteiger Union Berlin noch zwei vermeintlich lösbare Aufgaben vor sich. Sollte der Tabellen-16. diese beiden Spiele gewinnen, würden Werder wegen des schlechteren Torverhältnisses auch drei Siege vermutlich nicht mehr helfen.
Die Rückkehrer
Bittencourt, Rashica, Füllkrug: So ungefähr stellte sich Kohfeldt vor dieser Saison seine Angriffsreihe vor. Gegen Wolfsburg war Leonardo Bittencourt angeschlagen, Milot Rashica verletzt und Niclas Füllkrug noch nicht wieder fit. Aber das soll sich am nächsten Samstag in Paderborn ändern. Vor allem der 26 Jahre alte Füllkrug drängt auf sein Comeback, nachdem er vor der Saison für rund 6,5 Millionen Euro von Hannover 96 verpflichtet und dann schon nach dem vierten Spieltag mit einem Kreuzbandriss ins Krankenhaus gebracht worden war.
„Ich will den Druck nicht auf seine Schultern packen und sagen: Endlich kommt der Messias wieder. Er wird nur eine Alternative von der Bank sein, mehr nicht“, sagte Kohfeldt. „Aber als spielstarker Boxspieler ist Niklas sicherlich ein Element, das wir so nicht haben. Ich freue mich darauf, seine Mentalität im Kader zu haben.“ dpa