Schon ab Sommer 2008 hielte er die Idee für umsetzbar, ließ Zwanziger die Kreisliga-Fußballer wissen. Bis Ende März will der DFB prüfen, ob der Vorschlag auf seinem Bundestag am 26. Oktober zur Abstimmung kommen soll. Zwanziger unterlegt seinen Plan durchaus mit Argumenten. „Die Reduzierung erhält den Wettbewerb und verhindert das Mannschaftssterben bei den Senioren“, sagte er.
Der höchste DFB-Funktionär führte Statistiken ins Feld, die in der Tat bedrohlich wirken. Die Zahl der im Spielbetrieb gemeldeten Mannschaften sank im Laufe der letzten 15 Jahre um fast zehn Prozent auf 62 678 Teams in ganz Deutschland. Immer weniger Vereine sind also offenkundig in der Lage, elf Spieler für ein geregeltes Liga-Spiel zusammen zu bekommen. Dennoch: Verfolgt man die Stimmung unter den Amateurfußballern, so glaubt scheinbar fast niemand daran, dass Zwanzigers Idee dieses Problem in den Griff bekommen kann.
Der Duisburger Bezirksliga-Klub Hertha Hamborn musste in dieser Woche seine zweite Mannschaft vom B-Liga-Spielbetrieb abmelden. „Aber das wäre auch passiert, wenn wir nur neun Spieler gebraucht hätten“, sagt der zweite Vorsitzende Birken. „Die Reduzierung der Spielerzahl löst doch die finanziellen Probleme nicht“, meint Birken. „Im Gegenteil: Weniger Leute bedeuten doch auch weniger Mitgliedsbeiträge“.
Mit noch mehr Emotion kommentiert Günther Hillwig, Vereinsboss beim Wittener C-Kreisligisten SV Vormholz und aktiver Schiedsrichter im Kreis Bochum den Vorschlag. „Das macht den Fußball kaputt“, schimpft er. Die sinkenden Vereinszahlen hängen für Hillwig mit einer allgemeinen Entwicklung zusammen. „Das Vereinsleben hat an Wert verloren. Die Jugendlichen haben heutzutage andere Möglichkeiten.“
In Zwanzigers Plan tun sich erhebliche Lücken auf. Da die Reduzierung nur bis hinauf in die Kreisliga A gültig werden soll, stellt sich die Frage nach den Aufsteigern. Oder: Was machen Vereine, die eine zweite Mannschaft in einer der unteren Ligen aufstellen? Muss ein Spieler in beiden Systemen spielen können, wenn er in eine höhere Liga wechselt? „Elf gegen Elf ist optimal. Das ist nicht zu Ende gedacht“, fällt der Vorsitzende des Fußballkreises Herne, Reinhold Spohn sein Urteil. „Neue Vereine entsehen durch dieses Modell ohnehin nicht“, fügt er hinzu.
Auch Gerhard Wieczek, Sportlicher Leiter bei Preußen Lünen, zur Saisonhalbzeit punktbester Verein im Kreis Dortmund, sieht derzeit „keine Chancen“ für eine Reduzierung der Spielerzahl. Aber immerhin hält er den Anstoß für „eine neue Idee“. Deshalb sei das Gedankenspiel erlaubt: Wie könnte eine Kreisliga-Partie mit „Neun gegen Neun“ aussehen?
Die Reformpläne des DFB-Bosses Theo Zwanziger finden wenig Zustimmung. Foto: firo
Schon die Größe des Spielfeldes würde Probleme bereiten. „Man bräuchte mobile Tore und müsste den Platz verkleinern“, sagt Heribert Katter, Trainer des TSV Marl-Hüls im Kreis Recklinghausen. Auch Reinhold Spohn glaubt, dass es „läuferisch für viele Kreisliga-Fußballer gar nicht machbar wäre“.
Die wenigen Befürworter, die sich bei den flugs gestarteten Umfragen in den Kreisligen der Republik fanden, weisen auf mehr Tore und weniger taktisches Geplänkel hin. Heribert Katter hält scherzhaft dagegen: „Man könnte auch die Tore kleiner machen, wenn die Torhüter etwas korpulenter sind.“ Er sieht keinen Anlass, sich über mögliche taktische Konzepte einer solchen Idee den Kopf zu zerbrechen. „Da sind einfach zu viele Ungereimtheiten“, sagt Katter.
Er äußert die Vermutung, „dass die Leute in der DFB-Spitze nicht wissen, was an der Basis passiert.“ Andere Vereinsvertreter teilen diese Einschätzung. „Letztlich entscheiden doch eh die da oben“, sagt Lünens Gerhard Wieczek. Das große Ärgernis liegt für die Fußballer vor allem darin, dass solche Debatten zur Unzeit den Blick auf dringlichere Probleme verdecken.
„Mehr Nachwuchsförderung statt solcher Schnapsideen“, fordert der Vormholzer Günther Hillwig. „Man sollte besser die Ligen verkleinern oder zusammenfassen“, sagt Heribert Katter. Er mahnt den DFB zudem dazu, seine „pädagogische Funktion“ wahrzunehmen. „Da wäre vor allem in der Zusammenarbeit mit den Schulen noch eine Menge zu machen“, glaubt der Senioren- und Jugendtrainer in Personalunion.
Letztlich erklärt sich das Problem des fehlenden Nachwuchses vor allem durch die Bevölkerungsentwicklung, die nahezu alle Bereiche der Gesellschaft betrifft. „Wenn die Menschen weniger Kinder bekommen, sind auch weniger Fußballer da“, verdeutlicht der Trainer aus dem Kreis Recklinghausen.
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