Hätte jemand nach dem desaströsen Start von Rot-Weiss Essen in das Fußballjahr 2025 gesagt, dass nach dem 0:2 bei Alemannia Aachen eine Serie ansteht, wo man in vier Partien zehn Punkte holt, er wäre für verrückt erklärt worden.
Aber auch das ist eben Fußball: Der typische Neuner fehlt RWE weiterhin, aber die Fortschritte auf einigen Ebenen gleichen dieses Manko derzeit aus. Und die sind auch Uwe Koschinat zu verdanken.
Der gewann seine ersten drei Partien mit RWE nicht, doch aktuell fruchten seine Maßnahmen. Er stellte nach dem Aachen-Fiasko auf Dreierkette um. Dadurch sind die Essener auf der einen Seite deutlich stabiler, dem SV Wehen Wiesbaden wurde am Samstag beim 3:1 Sieg fast keine Chance gewährt, auf der anderen Seite rutschte Tobias Kraulich wieder in die Startelf, der dankte es mit den Toren, die man sich eigentlich von einem Stürmer erhofft hatte.
Neben der taktischen Umstellung wirkt die Kraft der Zugänge. Matti Wagner fügt sich derzeit nahtlos ein, wenn er für Lucas Brumme kommt. Dominik Martinovic konnte seine Vollstrecker-Qualitäten zwar noch nicht zeigen, aber er leistet dafür in der Zeit, wo andere treffen, wertvolle Hilfe als Arbeitstier. Trotzdem sollte er langsam ins Rollen kommen, denn RWE braucht auch seine Tore.
Kaito Mizuta ist noch kaum zu bewerten, dafür hat Klaus Gjasula seine Aufgaben bisher tadellos erfüllt. Er gibt dem Mittelfeld das, was fehlte. Ruhe, Abgezocktheit, Robustheit. Und er hat mit Tom Moustier einen Spieler an seiner Seite, der nach der Winterpause genau zeigt, warum er geholt wurde.
Nach seinen verletzungsbedingten Ausfällen ist er derzeit die perfekte Ergänzung zu Gjasula. Denn die beiden machen die Mitte dicht, zuvor war es viel zu leicht, durch das Essener Mittelfeld zu kommen, so dass die Abwehr automatisch schlecht aussehen musste.
Gjasula und Moustier, das ist ein großer Schlüssel, warum Essen den Klassenerhalt schaffen kann. Auch dann, wenn es weiter keinen Knipser gibt. Denn die erste Elf hat sich unter Koschinat gefunden. Und sie verkörpert das, was RS bereits vor dem Start in die Restrunde sagte.
Dieser - im Winter noch verstärkte Kader - muss ohne große Ausfälle in der Lage sein, den Ligaerhalt zu packen. Denn es gibt die Akteure, die zum oberen Regal der 3. Liga gehören. Ein Ahmet Arslan, der in Wehen wieder zeigen konnte, zu was er im Stande ist, ein Jakob Golz im Tor, ein Gjasula, ein Brumme oder ein Julian Eitschberger, der in dieser Verfassung in der kommenden Saison mit Sicherheit seine Chance bei Hertha BSC bekommen wird.
Und trotzdem ist noch nichts erreicht, denn es zeichnet sich auch das Keller-Szenario ab, was zu erwarten war. Hannover II, Stuttgart II und Unterhaching sind die ersten Abstiegskandidaten. Um den vierten Abstiegsplatz entbrennt ein heißer Kampf. Osnabrück rollt derzeit das Feld von hinten auf. Dadurch kommen nun Mannheim, Aachen oder 1860 wieder unten mit in die Verlosung.
Am Ende wird es einen Klub treffen, der niemals damit gerechnet hätte. RWE hat gezeigt, man wehrt sich gegen den Abstieg, es gab zuletzt viele positive Signale. Doch es müssen weitere folgen. Die Zuversicht, dass das klappt, wächst derzeit, denn offenbar haben die Essener mit dem nun in der Breite verbesserten Personal verstanden, was verlangt wird.