Der nächste Trainerkollege, der Ilia Gruev vorzeitig zum Aufstieg in die 2. Fußball-Bundesliga gratuliert, sollte sich lieber schnell in Sicherheit bringen. Der Umstand, dass die Konkurrenten in der 3. Liga Spitzenreiter MSV Duisburg angesichts des zeitweise sehr deutlichen Vorsprungs gedanklich schon in die nächsthöhere Etage verabschiedet haben, scheint auch bei den Akteuren der Zebras seine Spuren hinterlassen zu haben. Vor dem Heimspiel gegen die SG Sonnenhof Großaspach (Samstag, 14 Uhr, Schauinsland-Reisen-Arena) sagt MSV-Coach Gruev jedenfalls: „So etwas ist gefährlich. Und wenn man sechs Punkte Vorsprung hat, sind die Sinne vielleicht nicht so geschärft, wie es sein sollte.“ Das 0:1 in Rostock, nach dem es nur noch vier Zähler auf den Tabellendritten Holstein Kiel sind, dürfte in dieser Hinsicht für ein wenig Abhilfe gesorgt haben.
Die Sinne sind vielleicht nicht so geschärft, wie es sein sollte
Ilia Gruev (MSV Duisburg)
Was das notwendige Engagement der Akteure auf dem Platz angeht, wird in diesen Tagen vielfach die Prozentrechnung bemüht. Man wolle in der kommenden Saison nur Spieler im Team haben, die „120 Prozent Leistung bringen“, erklärte Klubchef Ingo Wald bei der Jahreshauptversammlung am Dienstag. Ilia Gruev wären die – menschlich bekanntlich nur machbaren – 100 Prozent schon genug, weil er weiß: „Mit 90 Prozent schaffst du es in der Liga nicht.“ Das heißt im Klartext: Der MSV kann sich in der zugespitzten Lage nicht mehr auf die zuvor vermeintlich ausreichende Qualität im Kader verlassen. Gruev: „Nur wenn Laufarbeit und Leidenschaft stimmen, kannst du auch von der Qualität profitieren.“
Demzufolge dürfte auch der Trainer hoffen, dass die Pleite an der Ostsee der letzte notwendige Warnschuss war, bevor sein Team in Routine erstarrt. Ohne personelle Wechsel dürfte dies üblicherweise auch nicht abgehen. Was Aggressivität angeht, fällt Beobachtern naturgemäß sofort der Name Baris Özbek ein. Nachdem er in Rostock nicht dem Kader angehört hatte, scheint nun ein Startelf-Einsatz an Stelle von Tim Albutat denkbar. Auch Zlatko Janjic musste sich das Hansa-Spiel im Livestream anschauen, denn, so Ilia Gruev: „Bei ihm ist es sinnvoller, wenn er von Anfang an spielt. Thomas Bröker kann mehr bewegen, wenn er von der Bank kommt, deshalb habe ich mich für ihn entschieden.“ Bröker hätte das auch gut rechtfertigen können, ließ aber ebenso eine Riesenchance wie der ebenfalls eingewechselte Kingsley Onuegbu liegen.
Was zur Kardinalfrage dieser Tage führt: Wer soll diesmal stürmen? In Rostock blieben die Zebras schon zum fünften Mal in der Rückrunde ohne eigenes Tor – da kann der Trainer fast schon würfeln, mit welchem Duo er es diesmal versucht. Zwar konnte der „King“ auch keine Eigenwerbung mit einem Treffer betreiben, doch bleibt eben die Hoffnung, mit einer Berufung für die Startelf den richtigen Impuls zu setzen. „Es wird immer mein Anspruch sein, jedes Spiel zu gewinnen“, sagt Ilia Gruev. So wichtig wie gegen Großaspach war das lange nicht mehr.