Mit diesen Worten wurden die Fans des MSV Duisburg am Südstadion in Empfang genommen, als sie aus den Bussen hinter der Fankurve stiegen.
Der kurzen Verwunderung ob der ungewöhnlichen Begrüßung folgte dann die Frage: „Wer bist Du denn?“ Klaus Ulonska antwortete: „Der Präsident der Fortuna.“
Die fragenden Blicke wurden durch großes Staunen abgelöst. Sofort zückten die Anhänger die Handys und machten reihenweise Fotos mit dem Kölner Vereinsoberhaupt. So wurden sie schließlich noch nirgendwo begrüßt.
In Köln ist das seit 2004 aber ganz normal. Seit Ulonska den Vorsitz übernommen hat, werden die Zuschauer fast alle persönlich begrüßt – egal ob die eigenen oder die Gäste. Dabei wird der 71-Jährige mit seiner lockeren und lustigen Art Generationen-übergreifend anerkannt. Während ihn Ältere als Hochleistungssportler, Karnevalist, Politiker oder Geschäftsmann zu schätzen wissen, ist Ulonska für die jüngere Generation einfach der nette Fortuna-Onkel mit dem Spendenball.
Denn im Gegensatz zu anderen Vereinen, bei denen Kinder mit einem Sparschwein Zusatzkohle für den Klub sammeln, ist es im Kölner Süden Chefsache. Genauso wie die Begrüßung der Fans und das Entertainment der Sponsoren. „Würde es einen Marktwert für Präsidenten geben, wäre Klaus Real Madrid“, fasst Fortuna-Coach Uwe Koschinat die Verdienste Ulonskas zusammen und schiebt nach: „Er ist auf allen Ebenen fantastisch und in Köln – bis auf die rechtsrheinische Viktoria – sehr beliebt. Das besondere an ihm ist, dass er dem einfachen Mann die gleiche Wertschätzung zukommen lässt wie den VIPs. Klaus ist einfach einzigartig.“
Im RS-Interview verrät Ulonska, der jedem der rund 1.000 Fortuna-Mitglieder persönlich zum Geburtstag gratuliert, warum er das macht, wieso er keine Angst hat, in den Gästeblock zu gehen und weshalb er die MSV-Fans in sein Herz geschlossen hat.
Klaus Ulonska, warum legen Sie Wert darauf, die Fans persönlich zu begrüßen? Zum einen ist das Anstand, zum anderen macht es mir Spaß. Ich habe damit vor zehn Jahren in der Verbandsliga angefangen und werde dieses Ritual solange pflegen, bis ich nicht mehr dabei bin. Mir ist wichtig zu betonen, dass ich jeden begrüße – egal ob er VIP, Kölner, Gast oder sonst wer ist. Mit sind alle wichtig und ich mache keinerlei Unterschiede. Egal aus welcher Stadt die Leute kommen, ich gehe auf sie zu. Zu Beginn sind sie ersteinmal überrascht, dass ihnen der Präses die Hand gibt, aber danach finden es die meisten gut.
Die meisten. Haben Sie auch schon mal schlechte Erfahrungen mit Ihrer Offenheit alleine im Gästeblock gemacht? Ja, ein Mal, als mich ein Zuschauer angegriffen hat. Allerdings war es für mich schlussendlich keine gefährliche Situation, denn der Mann hat sofort verbale Prügel von seinen Leuten kassiert, weil die meisten meine Offenheit gut finden. 98 Prozent der Leute sind davon begeistert, die restlichen zwei Prozent können damit nichts anfangen, werden von der Mehrheit aber sofort zur Räson gerufen, wenn sie etwas gegen mich unternehmen wollen.
Sind Sie auch beim emotionalen Stadtderby gegen die Viktoria zu den Gästen gegangen? Natürlich habe ich es auch gegen die Viktoria so gemacht. Es gibt dort ein paar Leute, die gegen uns aufgehetzt sind, aber ich stehe niemanden skeptisch gegenüber. Es gab von deren Seite zwar ein paar Sprüche, nichtsdestotrotz machen bei der Viktoria nur einige wenige diese Stimmung.
Im Schnitt sind rund 2.500 Zuschauer im Stadion. Eine relativ überschaubare Zahl. Am Samstag kamen aber alleine schon über 3.000 Duisburger. Sind Sie aus dem Händeschütteln überhaupt noch herausgekommen? Das war auch für mich eine ganz besondere Situation, denn so viele Zuschauer haben wir leider selten. Als die Busse aus Duisburg eintrafen, habe ich jedem der rund 200 Mitfahrer die Hand gegeben, bin dann auch noch mal in die Kurve gegangen, als vielleicht 800 Fans dort waren und habe alle begrüßt. Es hat natürlich viel länger als sonst gedauert, war aber eine tolle Erfahrung.
Warum? Ersteinmal kann der MSV stolz auf seine Fans sein. Dass so viele Leute auswärts dabei sind und dann auch noch eine tolle Stimmung machen. Das ist fantastisch. Die Duisburger sind seit dem Spiel in meiner Sympathieliste außerdem ganz oben angesiedelt, denn das gab es noch nicht, dass Fans, die mit dem Bus ankommen, Bilder mit mir machen wollten. So ein positives Entgegenkommen habe ich noch nicht erlebt. Das hat mir auch gut getan, denn es ist eine Bestätigung meines Handelns. Die MSV-Fans habe ich richtig in mein Herz geschlossen – nur die drei Punkte hätten sie nicht mitnehmen dürfen.
Sie machen das seit zehn Jahren und wollen das Ritual beibehalten. Träumen wir mal: Was machen Sie, wenn die Fortuna in die Bundesliga zurückkehrt und vielleicht 10.000 Zuschauer kommen? Das hört sich jetzt vielleicht blöd an, aber darüber habe ich mir schon Gedanken gemacht: Ich würde alles selbstverständlich beibehalten, würde mir aber vielleicht prominente Unterstützung holen. Beispielsweise könnte mich Kult-Torwart Wolfgang Fahrian bei der Begrüßung unterstützen. Es wird natürlich schwer, so viele Fans für uns zu begeistern, weil wir mit dem „Eff Zeh“, den Haien und unserem Karneval, der jedes Wochenende irgendwo in dieser Stadt tobt, große Konkurrenz haben. Aber es ist mein Traum, dass wir irgendwann mal immer so viele Kölner Besucher haben, wie wir Duisburger begrüßen durften.
Sie suchen nicht nur den Draht zu den Fans, sondern sorgen auch bei den Sponsoren und VIPs für gute Laune, in dem Sie den Alleinunterhalter vor der Tribüne mimen. Wenn wir diese Sponsoren schon haben, dann muss man sich auch um sie kümmern. Ich versuche es mit meiner Art, sie zu begeistern und natürlich auch zu unterhalten.
Sie stellen die einzelnen Geldgeber sogar mit Namen und Beruf untereinander vor. Klar, sie sollen sich ja weiter vernetzen. Wir haben nur eine Flatterbandtribüne, weshalb ich mit anderen Mitteln dafür sorgen muss, dass sich jeder bei uns wohl fühlt. Flatterbandtribüne soll sich jetzt aber nicht despektierlich anhören. Im Gegenteil: Mittlerweile bin ich der Überzeugung, dass wir gar keine andere Tribüne benötigen. Bei uns bleibt es auch dabei, dass der Ergebnisdienst per Hand gemacht wird. Fortuna ist einfach Kult.
Genauso wie der Spendenball, mit dem Sie bei jedem Heimspiel Ihre Runden drehen. Stimmt, der Ball ist sogar bekannter als ich. Wenn ich damit um die Ecke komme, haben die Kinder das Geld ihrer Eltern schon in der Hand und warten auf mich. Ich gehe aber nicht nur zu den Sponsoren, sondern auch immer auf die Stehplätze, damit niemand beleidigt ist. Auch wenn ich woanders vielleicht mehr Geld bekommen könnte, möchte ich zeigen, das wir alle eins sind. Ich bin gerne bei den Jungs im Block und bin genauso dankbar für ein oder zwei Euro wie für einen Fünfziger. All das zusammen ergibt schlussendlich eine tolle Summe.
Wie viel nehmen Sie damit ein? In der Regel alle 14 Tage zwischen 1.500 bis 2.000 Euro. Ich hatte auch schon mal 3.000 Euro drin. Damit ist klar: der Ball ist ein Großsponsor.
Können Sie eigentlich was vom Spiel sehen, wenn Sie nur unterwegs sind? Nein. Die letzten 15 Minuten gönne ich mir immer auf meinem Platz unten auf der Tartanbahn. Dass ich nicht viel vom Spiel sehe, ist aber auch nicht so schlimm, weil ich keine Ahnung vom Fußball habe. Als ehemalige Staffelläufer kann ich nur geradeaus und vielleicht mal eine Kurve laufen. Trotzdem bin ich mir sicher, dass wir die Klasse erhalten werden. Gegen Großaspach waren wir dumm und schlecht, Bielefeld war besser, aber die anderen Spielen hätten wir alle gewinnen können. Der Erfolg wird sich ganz bestimmt noch einstellen. Aber egal, wie es ausgehen wird, ich werde meiner Linie treu bleiben, die Leute begrüßen und unterhalten – egal in welcher Liga.