Als Marcel Koller am Dienstag-Morgen nach einem trainingsfreien Sonntag wieder mit seinen Schützlingen die Arbeit aufnahm, da rieben sich die Zaungäste am Trainingsplatz verwundert die Augen.
War bei Peter Neururer der erste Trainingstag der Woche mit einem Waldlauf ausgefüllt, so ging es bei Koller am Dienstag schon richtig zur Sache. Sprünge, Sprints, danach noch ein Spiel, die anderthalb Stunden erinnerten an eine Übungseinheit aus dem Trainingslager. Am Nachmittag und am Mittwoch war das Programm nicht weniger intensiv, womit schnell klar wurde, dass der Coach erst gar keine Lockerheit aufkommen lässt. Der Tainer: "Wer locker ist, ist auch nachlässig." Dann erklärt der Schweizer, warum es gerade am Dienstag-Morgen schon wieder richtig in die Vollen ging: "Sie hatten einen Tag frei, da sind sie doch erholt und müssen doch merken, dass die neue Woche begonnen hat." Koller ist ein Perfektionist und das soll auch auf seine Mannschaft übertragen werden. Deshalb hatte Koller schon im Vorfeld des ersten Spieltages seinen Jungs erklärt: "Den Spruch `wir wissen nicht, wo wir stehen` lasse ich nicht gelten. Wer gut vorbereitet ist und sich in einer Top-Verfassung befindet, der weiß doch, wo er steht."
Vielleicht war dies ja auch der Unterschied zu allen anderen Teams, denn kein anderer Club überzeugte am ersten Spieltag so eindrucksvoll wie der VfL. Doch Koller ist längst schon weiter: "Für das 4:0 bekommen wir am Montag gar nichts mehr." So ist er mit seinen Gedanken auch bereits ganz woanders: "Wir können es uns nicht noch einmal erlauben, dass wir eine 15-minütige Anlaufzeit brauchen, bis wir wach sind." Der Schweizer weiß auch gleich, wie man so etwas abstellen kann: "Ich erwarte schon beim Aufwärmen eine gewisse Aggressivität. Wer da schon an die Grenze geht, der ist bereit, wenn der Schiedsrichter anpfeift." Koller weiß, was auf den VfL zukommt, schließlich hat Energie Cottbus sein Team mehrmals beobachten lassen: "Die werden alles tun, um uns den Abend zu verderben. Das lassen wir nicht zu."
Koller will von seinen Schützlingen "Aggressivität nach vorne und nach hinten. Wir müssen eine Duftmarke setzen." Aber bei allen Warnungen, geht ihm sogar ein Kompliment über die Lippen: "Meine Jungs haben die Kraft dazu." Ob er die Mannschaft bis zum Montag noch einmal verändert, ist zur Stunde noch unklar. Erst am Sonntag, das Training wurde kurzfristig von 15.30 Uhr auf zehn Uhr vorverlegt, will er den 18er-Kader benennen .Zumindest eine Umstellung erscheint dringend notwendig. Nachdem Sören Colding am Samstag einen Schlag auf den linken Fuß bekam, verletzte er sich gestern Vormittag erneut und musste zur Untersuchung ins Krankenhaus. Die Diagnose war niederschmetternd: Der dänische Routinier, ein Muster an Zuverlässigkeit, zog sich einen Mittelfußbruch zu und fällt voraussichtlich drei Monate aus. Bereits heute Vormittag wird ihn Vereinsarzt Dr. Karl-Heinz Bauer in Dortmund am fünften Mittelknochen operieren. Nach der Meniskus-OP von Joris van Hout schon der zweite Schock für Koller innerhalb einer Woche. Koller: "Viele Ersatz-Möglichkeiten habe ich nicht." Die logische Folge: Koller zieht China auf die rechte Position zurück, dies ginge zu Lasten der Kreativität im Offensivbereich. Die zweite, eher unwahrscheinliche Lösung: Lucas Oppermann, gerade aus der A-Jugend gekommen, nimmt Coldings Platz ein, was er schon in der Vorbereitung des Öfteren probiert hat. Allerdings dürfte dieses Risiko für Koller trotz der großen Fortschritte des Youngsters noch zu groß sein. Spielt China rechts, wäre der Weg für Kapitän Dariusz Wosz in die Anfangsformation frei.