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Neuanfang für Holtby
„Die WM hat ihm gut getan“

S04: Neuanfang für Supertalent Lewis Holtby
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Beinahe etwas ungläubig schnappte Schalkes Lewis Holtby in gebührendem Abstand von etwa fünf Metern die lobenden Worte von Coach Felix Magath auf.

Lobende Worte hatte der 18-Jährige auf Schalke zuletzt selten vernommen. Zu oft hatte der gestrenge Sportlehrer in den letzten zwei Monaten mit dem ehemaligen Aachener geschimpft wie ein Rohrspatz.

Erst um zwei Uhr in der Früh war der 18-Jährige am Dienstag von der U20 Weltmeisterschaft in Ägypten zurückgekehrt. Keine acht Stunden später stand er bei den Königsblauen schon wieder auf dem Trainingsgelände.

„Lewis macht einen guten Eindruck. Es scheint, als habe er von den Einsätzen bei der Nationalmannschaft profitiert und wieder seinen Rhythmus gefunden“, attestierte ihm Magath im Gelsenkirchener Herbst deutliche Fortschritte.

Foto: Buschmann.

Die Spiele in Nordafrika habe er wohl „ein wenig verfolgt“, lautet die für Magath typische Antwort auf die Frage, ob ihm sein Schützling denn im Dress mit dem Adler auf der Brust besser gefallen habe, als bislang im S04-Trikot. „Wichtig ist ja schließlich nicht, was er dort gemacht hat – sondern, wie er sich bei uns präsentiert“, vertraut Magath lieber seinem eigenen Sachverstand.

Bereits zu Saisonbeginn habe Holtby im Ausdauerbereich „überragende Werte“ gehabt. Aber die notwendige Kraft für die Bundesliga, so Magath, die habe ihm gefehlt. „In diesem Bereich haben wir mit ihm gearbeitet“, nennt der Sportdirektor erstmals öffentlich die Gründe, warum der 18-Jährige bei ihm bislang kaum zum Zug kam.

„Es ist schwer zu sagen, ob er dadurch aus dem Rythmus kam. Gerade junge Spieler werden bei Müdigkeit dann häufig auch unsicher“, vermutet der Coach eine Kettenreaktion. Vielleicht sei Holtbys Formtief aber auch eher ein Kopfproblem gewesen. „Es war schließlich für ihn eine ganz neue Situation. Bislang ging es immer nur bergauf“, überlegt Magath. Holtby habe sich schwer getan, damit umzugehen. „Die WM scheint ihm nun tatsächlich gut getan zu haben“, registrierte er zufrieden den neuen Schwung seines Supertalentes.

Foto: firo.

Genau das war wohl auch das Ziel, als der Trainerfuchs Billigimport Christoph Moritz für unabkömmlich erklärte und den 2,5-Millionen-Einkauf Holtby nach Ägypten hat ziehen lassen. Denn Magath fordert von Holtby weiter Großes ein: „Ich bin mir sicher, dass er einen guten Weg einschlagen, zu einem Leistungsträger bei uns werden und irgendwann auch an die Tür zur Nationalmannschaft klopfen wird“, sagte Schalkes Vorstandsmitglied bereits anlässlich seiner Verpflichtung im Juli.

Das erzeugte Druck, dem Holtby in den ersten Wochen offensichtlich tatsächlich nicht gewachsen war. „Der Trainer hat es ja gesagt. Im letzten Jahr lief alles topp für mich. Dann kam gleich im ersten Spiel in Nürnberg dieser Fehler, als ich den Ball von der Mittellinie aufs Tor geschossen habe. Danach habe ich meine Unbekümmertheit verloren“, wollte Lewis fortan mit aller Gewalt zeigen, dass die Hoffnungen in ihn begründet sind.

Das ging gründlich schief. In den wenigen Einsatzminuten nach seiner verbalen Abstrafung durch Magath in Nürnberg fiel das Talent mehr durch Übermotivation als durch gescheite Aktionen auf.„Ich habe mir in meiner Unerfahrenheit etwas in den Kopf gesetzt und zuviel nachgedacht. Und das ist bekanntlich im Fußball immer ein Fehler. Dann bin ich in ein schwarzes Loch gefallen“, sei die WM daher für ihn tatsächlich zum richtigen Zeitpunkt gekommen. Im Team von Vaterfigur Horst Hrubesch zeigte Holtby wieder die spieltechnischen Fähigkeiten, wegen der ihn die halbe Bundesliga gejagt und Schalke verpflichtet hatte.

„Die WM hat mich weiter gebracht“, bestätigt Holtby, der sowohl auf der rechten wie auf der linken Seite und zentral offensiv zum Einsatz kam und sogar zwei Tore erzielte. Eins davon, das 1:0 bei der 1:2 Niederlage gegen den Topfavoriten Brasilien im Viertelfinale, sogar per Kopf. „Das ist mir überhaupt erst einmal mit Aachen in der Oberliga gegen den KFC Uerdingen gelungen“, freute sich Holtby.

„Ich habe endlich wieder Spielpraxis sammeln können. Schritt für Schritt ist mein Selbstbewusstsein aus Aachener Zeiten wieder zurückgekehrt. Jetzt fühle ich mich wieder frisch im Kopf“, spricht der Ex-Alemanne deshalb gar von einem Neuanfang in Schalke. Zu dem auch eine eigene Wohnung in Nähe der Arena gehört.

„Ich muss jetzt nicht sofort in Stuttgart von Anfang an spielen. Die Konkurrenz bei uns im Kader ist groß. Aber wenn ich weiter Gas gebe, dann werde ich meine Chance bekommen“, will sich der 18-Jährige vor allem nicht mehr verrückt machen lassen. Seinem Zimmernachbarn von der Nationalmannschaft, Patrick Funk, hat er ohnehin einiges voraus. Denn im Gegensatz zum Spieler des VfB Stuttgart dürfte Holtby am Samstag zumindest einen Platz im Kader sicher haben. „Auf die Tribüne begebe ich mich nur nach dem Spiel. Dann kann mir „Paddy“ zum Sieg gratulieren“, hat Holtby unter der Sonne Nordafrikas nicht nur seine Form, sondern auch seinen Humor wieder gefunden.

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