Nachdem der 26-Jährige am vergangenen Samstag beim Spiel gegen Borussia Mönchengladbach erneut von den eigenen Fans wegen seiner klägliche Fehlschüssen vor dem gegnerischen Tor ausgepfiffen worden war, hat ihm sein Berater Roger Wittmann (Rogon) geraten, den FC Schalke zu verlassen. Was für viele Anhänger einer Erlösung gleich käme, kommt für den umstrittenen Stürmer gar nicht in Frage. "Das ist seine Meinung, nicht meine. Wir haben darüber auch gar nicht gesprochen", lässt sich Kuranyi nicht beirren. "Wir haben im Moment wichtigere Dinge im Kopf. Es steht ein schweres Spiel an, das wir gewinnen wollen», will sich der mit sechs Bundesligatreffern immer noch beste Torjäger im Team lieber auf die nächste sportliche Aufgabe konzentrieren.
Doch das scheint nicht so einfach, denn auch am heutigen Donnerstag beim Duell mit Manchester City muss er damit rechnen, dass er bei der ersten misslungenen Aktion von einem Großteil der Zuschauer niedergemacht wird. Während ihm vor allem die Ultras in der Nordkurve seit dem Abgang von der Nationalmannschaft demonstrativ den Rücken stärken, ist die Fraktion der Kuranyi-Gegner in der Arena deutlich größer. "Dass Kevin polarisiert, ist keine Frage. Er steht ständig im Mittelpunkt", weiß Manager Andreas Müller.
Er ist der wichtigste Förderer Kuranyis im eigenen Verein und kann die Stimmungsmache gegen einen Mann aus den eigenen Reihen nicht nachvollziehen. "Leider war es in den vergangenen Jahren immer wieder mal der Fall, dass einzelne Spieler runtergemacht wurden. Kevin hat in jeder Saison die meisten Tore für uns gemacht und muss dennoch nach jedem Fehlversuch mit heftigster Kritik leben. Das geht ihm natürlich unter die Haut", kann der Ex-Profi verstehen, was Kuranyi auf Schalke durchmache. "Das kann sich aber sehr schnell wieder ändern. Zuletzt hat er zwei, drei gute Chancen nicht nutzen können, doch die Stürmer harmonieren da vorne immer besser miteinander. Daher wird auch Kevin wieder seine Tore machen", argumentiert Müller.
Ob und wann sich der im Sommer 2005 für 6,9 Millionen Euro Ablöse vom VfB Stuttgart nach Gelsenkirchen gelotste Kuranyi der negativen Haltung ihm gegenüber beugen werde, ist völlig offen. Während Müller noch vor wenigen Wochen deutliche Signale in Richtung einer Verlängerung des bis 2010 laufenden Vertrages setzte, möchte er seine sportliche Zukunft erst nach Beendigung dieser Saison überdenken. "Ich werde erst im nächsten Sommer entscheiden, ob ich bleibe oder gehe", betont Kuranyi.
Müller möchte schon in der Winterpause eine erste Weichenstellung sehen. Im Trainingslager, das entweder erneut in Belek in der Türkei oder im spanischen Marbella aufgeschlagen wird, wäre Zeit dafür. "Unser Standpunkt ist klar. Mal sehen, was am Ende dabei herauskommt", scheint auch Müller gespannt darauf zu sein, wie es mit Kuranyi auf Schalke weitergeht.
Hält er die Trefferquote aus den Vorjahren, gibt es kaum Argumente gegen ihn, außer dass er in seinem Leben kein Filigran-Techniker mehr werden wird. Dann wird Müller ihn auf jeden Fall halten wollen. Nur in guter Form ist er aber auch für andere Vereine interessant, sodass bei einem Verkauf im nächsten Jahr eine stattliche Ablöse winkt. Versinkt Kuranyi aber länger in der Krise, wird es für ihn wohl keine andere Wahl geben, als sich unverstanden von Schalke zu verabschieden. Welcher Verein ihn dann nach dem ganzen Theater nehmen würde, steht auf einem anderen Blatt.