Uli Hoeneß musste einen dicken Kloß in seinem Hals herunter schlucken, dann wandte er sich an die Witwe von Franz Beckenbauer. „Liebe Heidi“, begann der langjährige Patron des FC Bayern seine emotionale Trauerrede und stockte kurz. Dann ließ er die Prominenz aus Sport, Gesellschaft und Politik mit Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an der Spitze bei Kaiserwetter an seinen ganz persönlichen Erinnerungen an die Fußball-Lichtgestalt teilhaben.
„Lieber Franz, um ehrlich zu sein, du fehlst mir sehr“, sagte Hoeneß. Als er über den viel zu frühen Tod des Beckenbauer-Sohnes Stephan im Jahr 2015 sprach, schien seine Stimme zu kippen. Es war ein bewegender Moment - auch, weil Hoeneß, typisch Abteilung Attacke, bei der Trauerfeier unter weiß-blauem Himmel im eisigen München nicht mit Kritik sparte.
Hoeneß sprach zeitweise witzig und launig, angereichert mit einigen der unvergesslichen Sprüche des „großen Deutschen“ Beckenbauer, wie ihn Steinmeier in seiner Trauerrede nannte. Doch Hoeneß benannte auch die „Scheinheiligkeit“ im Umgang mit Beckenbauer seit dessen Tod am 7. Januar und die „unsägliche Medienkampagne des einen oder anderen Kleingeistigen“ wegen des wohl gekauften Sommermärchens 2006. Auch einen Seitenhieb auf die AfD verteilte Hoeneß, nachdem er darüber gesprochen hatte, die Deutschen sollten wieder „stolz“ sein.
Beckenbauers Witwe Heidi lauschte auf der VIP-Tribüne mit den Kindern Joel und Francesca. An ihrer Seite hatte sie neben Steinmeier oder Bundeskanzler Kanzler Olaf Scholz rund 20.000 Fans, die diesem 75-minütigen „Festakt“ beiwohnten.
„Der FC Bayern wird immer ein Kaiserreich bleiben, auf ewig“, sagte Klub-Präsident Herbert Hainer zu Beginn: „Mia san Franz!“ Dazu sangen Star-Tenor Jonas Kaufmann „Time to say Goodbye“ und der Tölzer Knabenchor den Beckenbauer-Hit „Gute Freunde“.
Steinmeier würdigte den „Ausnahmespieler“ als „Glücksfall für uns alle“ und „großen Deutschen“. Mit der WM 2006 habe er Deutschland „einen neuen, freundlichen Blick auf uns selbst“ geschenkt: „Das vergessen wir nicht. Wir alle haben ihm viel zu verdanken.“
Auch Bayern, woran Ministerpräsident Markus Söder erinnerte. Der CSU-Chef schwärmte von Beckenbauer als „Lichtgestalt, Idol, einer Art Fußballgott und zeitloser Ikone“. 2006 habe er sich „unsterblich gemacht“. Kein Schatten? „Vieles ist nur gemutmaßt und unterstellt worden“, meinte Söder und sprach den Kaiser regelrecht heilig: „Das Licht strahlt hell über das hinaus.“
Der FC Bayern schuf einen besonderen Rahmen für „seinen“ Kaiser - in jenem Stadion, das, wie Hoeneß betonte, ohne Treiber Beckenbauer „nie gebaut worden“ wäre. Über die Umbenennung ihm zu Ehren wird längst diskutiert, eine Beckenbauer-Straße in München ist in Planung, dazu sind weitere Gedenk-Aktionen im Gespräch.
In der Arena genügte ein Wort: „Franz“, prangte in weißen Buchstaben auf rotem Grund auf einer provisorischen Bühne in der Nordkurve. „Spieler - Kaiser - Mensch“, stand kleiner darüber. Unten, auf dem Rasen, leuchtete Beckenbauers legendäre Nummer 5 in roten Rosen.
Um sein überlebensgroßes Foto mit Trauerschleife lagen am Mittelkreis 28 Kränze drapiert. Aus Liverpool, Schalke oder Barcelona, von „deinem WM-Team“ 1990, vom Bundespräsidenten und vom Kanzler.
Zu Beginn der Feier legten dort zehn Weggefährten Beckenbauers weitere Rosen nieder. Neun Weltmeister von 1974, 1990 und 2014 wie Paul Breitner, Günter Netzer, Lothar Matthäus, Andreas Brehme und Bastian Schweinsteiger, auch die Klublegenden Franz Roth und Karl-Heinz Rummenigge. Auf der Tribüne trauerten die „Erben“ der aktuellen Mannschaft mit Manuel Neuer, Thomas Müller und Harry Kane.
Mit ihnen nahm das „Who is who“ des deutschen und internationalen Fußballs persönlich Abschied, dazu Prominenz aus Gesellschaft und Politik. DFB-Präsident Bernd Neuendorf mit seinen Amtskollegen von FIFA und UEFA, Gianni Infantino und Aleksander Ceferin. Altkanzler Gerhard Schröder, dessen Weggefährten Joschka Fischer und Otto Schily. Die früheren Bundestrainer Joachim Löw und Hansi Flick, ihr Nachfolger Julian Nagelsmann.
„Franz war ein Freund für jeden“, sagte Hainer über den „ewigen Freigeist“, den die Bayern auch in einem kurzen Film ehrten: Vom kleinen Franz zum Kaiser, zum „Idol der Massen“, zum Weltstar und Weltmann. Zum Ende gab es Standing Ovations.