Im April 2021 hatte RevierSport sowohl prognostiziert, an welchen Planstellen der VfL Bochum für die Bundesliga nachlegen muss, als auch die Vertragslaufzeiten der Spieler unter die Lupe genommen. Was aus den Kader-Baustellen, Leihkandidaten und möglichen Abgängen geworden ist, haben wir uns kurz vor dem Start der Pflichtspielsaison angeschaut. Weil sich die Analyse im April 2021 auf das damalige 4-2-3-1-System bezog, Thomas Reis aber mittlerweile ein 4-3-3 spielen lässt, fällt die Kategorie "Offensives Mittelfeld" weg. Die Kategorie "Zentrales Mittelfeld" kommt dagegen hinzu.
Defensives Mittelfeld:
RS-Urteil im April 2021: Die Routiniers Anthony Losilla und Robert Tesche haben sich auf der Doppel-Sechs als bestes Duo der Zweiten Liga einen Namen gemacht. Beide bestachen durch Zweikampfstärke und Übersicht, speziell Tesche dazu durch Torgefahr. Als problematisch erkannte RevierSport fehlendes Tempo und auch das hohe Fußballalter (34 und 35 Jahre). Außerdem fehlten Reis hinter dem Duo ernsthafte Alternativen. Raman Chibsah, Erhan Masovic und Lars Holtkamp spielten kaum eine Rolle. Fazit: Dringender Nachholbedarf
Was hat sich getan? Durch den Abgang von Robert Zulj brach Reis das offensive Herzstück seines 4-2-3-1-Systems weg. Anstatt einen direkten Ersatz zu verpflichten entschied er sich für eine 4-3-3-Formation, in der die Zulj-Position wegfiel. Stattdessen sollten ein Sechser und zwei Achter die Mitte verdichten. Diese Sechserrolle nahm in der Vorbereitung vor allem Tesche ein. Losilla rückte eine Position nach vorne, kann aber natürlich auch im defensiven Mittelfeld agieren. Auch Neuzugang Eduard Löwen könnte auf der Sechs aushelfen. Dahinter sind Masovic und Chibsah aufgrund mangelnder Perspektive weiterhin Verkaufskandidaten. Holtkamp hat sich bereits dem Regionalligisten Bonner SC angeschlossen.
RS-Urteil im August 2021: Für nur noch eine Planstelle im defensiven Mittelfeld stehen beim VfL nun drei Spieler als Startelfkandidaten zur Verfügung. Losilla und Neuzugang Löwen sind zwar als zentrale Mittelfeldspieler eingeplant, würden ihrem Trainer aber auch eine Station weiter hinten kein Kopfzerbrechen bereiten. Fazit: Bundesligatauglich
Zentrales Mittelfeld:
RS-Urteil im April 2021: Diese Kategorie gab es in der RevierSport-Kaderanalyse im April 2021 nicht.
Was hat sich getan? Durch die Systemumstellung wurden auf der Acht zwei Planstellen frei, für die das Personal im Kader fehlte. Zulj und Eisfeld sind weg, Losilla rückte von der Sechs vor. Dazu spielte Milos Pantovic in der Vorbereitung öfter im zentralen Mittelfeld. Also musste der VfL nachlegen. Mit Patrick Osterhage kam zunächst ein junges Talent von Borussia Dortmund II, das zwar großes Potenzial, aber auch viel Verletzungspech mitbrachte. Dazu legte er von der Regionalliga West aus einen Drei-Ligen-Sprung hin. Die Vorbereitung konnte er nahezu komplett absolvieren. Zwar musste der 21-Jährige Mitte Juli aufgrund eines Infektes aussetzen, war jedoch schnell wieder auf den Beinen. Dennoch werden sich Reis und Co hüten, Osterhage zu verheizen.
Außerdem kam Eduard Löwen auf Leihbasis von Hertha BSC. Er hat schon 52-mal in der Bundesliga gespielt. Mit seinen 24 Jahren soll er, ähnlich wie Osterhage, das zentrale Mittelfeld verjüngen. „Eduard Löwen bringt Physis und Kreativität mit“, sagte VfL-Sportvorstand Sebastian Schindzielorz Mitte Juli gegenüber RevierSport. Löwen verpasste allerdings Teile der Vorbereitung, weil er mit Deutschland bei Olympia weilte.
Dazu präsentierte Bochum Anfang August auf Leihbasis noch Elvis Rexhbecaj. Der 23-Jährige Neuzugang vom VfL Wolfsburg verjüngt ebenfalls das Mittelfeld und hat Bundesliga-Erfahrung. Während Löwen mit Physis und Kampfstärke tendenziell eine defensivere Variante wäre, hat Rexhbecaj mehr Offensivdrang. Beide dürften sich gut ergänzen.
RS-Urteil im August 2021: Mit der Verpflichtung von Rexhbecaj hat sich Reis die vierte Option für zwei Planstellen gesichert. Und jede hat ihre eigenen Qualitäten. Als Kapitän, Mentalitätsmonster und Dauerläufer dürfte Losilla gesetzt sein. Doch daneben wird es spannend. Osterhage muss nach viel Verletzungspech und dem Drei-Ligen-Sprung behutsam aufgebaut werden und dürfte ein Rotationsspieler werden. Löwen und Rexhbecaj dürften den zweiten Platz unter sich ausmachen. Doch bei beiden gibt es einen Haken. Löwen verpasste aufgrund seiner Olympia-Teilnahme weite Teile der Vorbereitung, Rexhbecaj aufgrund seines späten Transfers. So könnte, zumindest im DFB-Pokal gegen den Wuppertaler SV (Samstag, 7. August, 15:30 Uhr) Pantovic der lachende Dritte sein. Fazit: Bundesligatauglich
Linker Flügel:
RS-Urteil im April 2021: Gerrit Holtmann bildete gemeinsam mit Linksverteidiger Danilo Soares ein starkes Duo. Der ehemalige Mainzer steigerte sich mit Verlauf der Saison immer mehr, ist zudem pfeilschnell. Dazu hatte der VfL Bochum mit Danny Blum einen weiteren Linksaußen im Kader, der aber vermehrt über die rechte Seite kam. Auch Herbert Bockhorn war eine Alternative. Baris Ekincier spielte dagegen keine Rolle. Fazit: Bundesligatauglich
Was hat sich getan? Mit Christopher Antwi-Adjei präsentierte der VfL Bochum als ersten Neuzugang direkt einen Flügelflitzer, der auf beiden Außenbahnen zum Einsatz kommen kann. Der ehemalige Paderborner kennt die Bundesliga aus 34 Spielen und ist ähnlich schnell wie Holtmann. Auch Neuzugang Takuma Asano, eine Art Allzweckwaffe im Angriff, ist eigentlich auf der linken Außenbahn zu Hause. In der Vorbereitung spielte er jedoch vermehrt rechts.
Ekincier wurde dagegen aussortiert und schaut sich nach einem neuen Verein um. So hatte er sich etwa bei Drittligist Waldhof Mannheim vorgestellt. Blum hatte sich in der Endphase der Meistersaison schwerer verletzt und schuftete in der Vorbereitung individuell an seinem Comeback. Anfang August absolvierte er wieder weite Teile des Mannschaftstrainings. Bockhorn droht mit einer Corona-Infektion den Saisonstart zu verpassen.
RS-Urteil im August 2021: Mit Antwi-Adjei und Asano hat der VfL starke Alternativen zu Holtmann verpflichtet. Dazu kommen bald auch wieder Blum und Bockhorn, sodass Reis vier Spieler für den linken Flügel zur Verfügung stehen. Da dürfte Holtmann allerdings gesetzt sein. Spannender wird es auf rechts. Fazit: Bundesligatauglich
Mittelsturm:
RS-Urteil im April 2021: Simon Zoller war im Mittelsturm früh gesetzt und zahlte das Vertrauen mit Toren zurück. Für das starke Pressing, das Reis spielen ließ, war er mit seinem Anlaufverhalten unverzichtbar. Einer, der unter Zollers Entwicklung litt, war Silvère Ganvoula, der sich vor allem auf der Bank wiederfand. Gleiches galt für Soma Novothny. Luis Hartwig war ein Perspektivspieler. Unter dem Strich fehlte dem VfL ein härterer Konkurrent für Zoller. Fazit: Nachholbedarf
Was hat sich getan? Personell nichts. Dafür will sich Ganvoula durchsetzen, wie er auch gegenüber der WAZ betonte.Im regelmäßigen Wechsel mit Novothny und auch Hartwig bekam der Kongolese in der Vorbereitung Spielzeit und dürfte die Nummer zwei hinter Zoller sein. Hartwig traut sich die Bundesliga zu, gilt aber auch als Leihkandidat.
RS-Urteil im August 2021: Zoller ist weiterhin der klare Mittelstürmer Nummer eins. Dahinter ist sich Ganvoula aber wieder seiner Chance bewusst und auch Novothny steht in den Startlöchern. Bei dem 18-jährigen Hartwig stellt sich die Frage, ob mit Blick auf seine Entwicklung ein Leihgeschäft nicht sinnvoller als die Jokerrolle in der Bundesliga wäre. Dem VfL täte hier noch ein Zugang mit dem Profil Antwi-Adjeis gut: Günstig, bundesligaerfahren und ein harter Konkurrent für den etablierten Spieler. Finanzvorstand Ilja Kaenzig sagte der WAZ, dass er weitere Zugänge für möglich halte. Vielleicht ja im Mittelsturm. Fazit: Nachholbedarf
Rechter Flügel:
RS-Urteil im April 2021: Blum überzeugte auf der rechten Seite und kristallisierte sich als Stammspieler heraus. In seiner Abwesenheit gefiel aber auch der variable Bockhorn und auch Pantovic kam immer wieder zum Zug. Bonga bekam einige Einsätze, Weilandt hingegen spielte nicht. Fazit: Bundesligatauglich
Was hat sich getan? Die Neuzugänge Antwi-Adjei und Asano, die bereits unter dem Punkt "Linker Flügel" analysiert wurden, kämpfen aufgrund der Verletzung von Blum um den Platz auf rechts. Richtet sich Reis nach den Eindrücken aus der Vorbereitung, dann hätte Asano die Nase vorn. Im zweiten Härtetest gegen Vitesse Arnheim (1:2) etwa konnte der Japaner in 30 Minuten Einsatzzeit auf sich aufmerksam machen und schoss den zwischenzeitlichen 1:1-Ausgleich. Antwi-Adjei dagegen blieb rund eine Stunde lang blass. Bei der Generalrpobe gegen den FC Utrecht (0:2) bot Reis seine voraussichtliche Stammelf auf - mit Asano auf rechts.
Wie schon in Teil eins der Kaderanalyse dargelegt sind Bongas Einsatzchancen eher gering. Weilandt fuhr, genau wie Ekincier und Holtkamp, aus "sportlichen Gründen" nicht mit ins Trainingslager nach Südtirol. Hier stehen die Zeichen auf Abschied. Pantovic kam in der Vorbreitung vor allem im zentralen Mittelfeld zum Einsatz.
RS-Urteil im August 2021: Blum, Antwi-Adjei und Asano sind drei Spieler, die Reis ohne nachzudenken in der Bundesliga auf dem rechten Flügel einsetzen kann. Weil Blum in der Vorbereitung kein Spiel absolvierte und erst seit Anfang August wieder an Teilen des Mannschaftstrainings teilnahm, deutet aktuell viel darauf hin, dass Asano den Platz einnehmen wird. Pantovic, den Reis im 4-3-3 eher im zentralen Mittelfeld sieht, könnte diese Position im Notfall auch spielen. Fazit: Bundesligatauglich
Teil eins der Kaderanalyse beschäftigt sich mit dem Tor und der Abwehr.