Michael Preetz ging auf Tauchstation. Der fußballerische Offenbarungseid beim 0:4-Debakel beim FC Augsburg hatte den Manager des Bundesligisten Hertha BSC sprachlos zurückgelassen. Auch zwei Tage später meldete sich der einstige Torjäger in der Öffentlichkeit zunächst nicht zu Wort und vermied eine klare Aussage zur Zukunft des angeschlagenen Trainers Ante Covic.
Die wilden Spekulationen über mögliche Nachfolgekandidaten, die von Hertha-Aufsichtsratmitglied Jürgen Klinsmann über Roger Schmidt bis hin zu Ex-Bayern-Trainer Niko Kovac reichten, heizte er damit nur weiter an. Übereinstimmenden Medienberichten zufolge hat der frühere Hertha-Profi und gebürtige Berliner Kovac bereits signalisiert, dass er nicht zur Verfügung stehe.
Er müsse das „erst einmal sacken lassen“, hatte Preetz nur kurz mit finsterer Miene gesagt, als er am Sonntagabend das Augsburger Stadion nach der vierten Niederlage in Folge verließ. Die bittere Erkenntnis, dass das Experiment Covic gescheitert ist, dürfte da zu seinem Unmut aber auch bei Preetz gereift gewesen sein.
Covics fehlende Erfolge stellen auch dem Manager ein schlechtes Zeugnis aus. Es war die Entscheidung des 52-Jährigen, Covic im Sommer nach vier stabilen Jahren unter Trainer Pal Dardai aus dem Nachwuchs zu befördern und erstmals eine Bundesligamannschaft anzuvertrauen.
Die Idee dahinter war charmant, angesichts der fehlenden Erfahrung des 44-Jährigen dennoch riskant. Unter Dardai stagnierte die Entwicklung, Hertha fiel eher mit destruktiver Spielweise als offensivem Spektakel auf. Covic versprach genau das. Die Euphorie vor dem Saisonstart war entsprechend groß und wurde auch von Preetz, gerade erst mit Multi-Millionen-Finanzspritze von Investor Lars Windhorst ausgestattet, befeuert.
„Wir wollen mehr Aktivität mit dem Ball zeigen, und auch gegen den Ball, wenn wir ihn verlieren“, hatte Preetz im August gesagt: „Wir wollen schlichtweg offensiveren Fußball spielen.“
Dieser sollte dazu beitragen, dass Hertha, gepaart mit den neuen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, in den nächsten Jahren „regelmäßig um einen internationalen Platz mitspielen“ kann. Vom Europacup sind die Berliner nun erneut weit entfernt, die bittere Realität heißt Abstiegskampf, spielerisch hat sich die Mannschaft unter Covic verschlechtert, dessen Visionen wurden auf dem Platz viel zu selten umgesetzt.
Angesichts der sportlichen Krise wächst nun auch der Druck auf Preetz. Covic ist - Interimstrainer eingerechnet - der elfte Coach in seiner zehnjährigen Amtszeit als Hertha-Manager. Einen weiteren Fehlgriff, der den dritten Abstieg unter seiner Verantwortung zur Folge haben könnte, kann sich Herthas Rekordtorschütze eigentlich nicht erlauben.
Für Preetz spricht das verbesserte Auge bei Transfers in den letzten Jahren. Die Strategie, auf junge und entwicklungsfähige Spieler zu setzen, hat sich sportlich wie wirtschaftlich bezahlt gemacht. Verpflichtungen wie die von Neu-Nationalspieler Niklas Stark oder Javairo Dilrosun entpuppten sich als Volltreffer. Auch die Integration eigener Nachwuchsspieler wird von Preetz gefördert.
Die Ansprüche dieser zu Leistungsträgern gereiften Talente sind mit ihrem Marktwert gestiegen. Preetz muss Klarheit schaffen und mit der Trainerentscheidung auch im eigenen Interesse ein Signal an die Mannschaft senden. Sonst droht spätestens im Sommer ein größerer Umbruch, dem er selbst zum Opfer fallen könnte. sid