Mit zusammengepressten Lippen und ernstem Blick betrat Ante Covic um 9.57 Uhr den Trainingsplatz von Hertha BSC. Vor der nächsten Krisensitzung mit Manager Michael Preetz wollte sich auch der schwer angeschlagene Coach des Hauptstadtclubs keinen Illusionen über seine Zukunft hingeben - selbst Schlagzeilen über die Wahrscheinlichkeit eines Comebacks von Jürgen Klinsmann musste der Bundesliga-Trainerneuling nach dem desaströsen 0:4 beim FC Augsburg bereits über sich ergehen lassen. „Ich werde mich mit Samstag null beschäftigen, weil ich noch ein, zwei Tage benötige, um das zu verarbeiten, was gestern leider passiert ist“, sagte Covic.
Zur Frage, ob der 44-Jährige auch beim Krisentreffen mit Borussia Dortmund und dem dort ebenfalls wackelnden Lucien Favre noch auf der Hertha-Trainerbank sitzen wird, hatte sich Preetz noch in Augsburg ausgeschwiegen. Der angekündigte Prozess, den Katastrophen-Auftritt „erstmal sacken lassen“ zu wollen, war öffentlich zunächst auch am Montagvormittag noch nicht abgeschlossen - Preetz verschwand in der Kabine und war während der 44-minütigen Auslaufeinheit des kompletten Teams nicht am Platz zu sehen.
Dass für den Fall einer Trennung wirklich Klinsmann als (Kurzzeit)-Nachfolger einspringt, wäre eine durchweg überraschende Lösung. Aber als Neu-Mitglied des Aufsichtsrats in der Rolle des Bevollmächtigten von Investor Lars Windhorst könnte der frühere Bundestrainer zumindest ein wichtiges Wort in der Trainerfrage mitsprechen. Als eine favorisierte Lösung vieler Fans gilt der Ex-Herthaner Niko Kovac, von dem sich der FC Bayern vor gut drei Wochen getrennt hatte.
Auch Preetz steht als sportlich Verantwortlicher nach vier Niederlagen in Serie mächtig unter Druck. Mit der Hoffnung auf eine spielerische Verbesserung war Covic als Nachfolger von Pal Dardai, der weiterhin einen Vertrag bei Hertha besitzt, im Sommer aus dem Nachwuchsbereich zu den Profis befördert worden. Diese blieb aus - nach einem Zwischenhoch ist Hertha inzwischen auf den 15. Platz abgestürzt und wirkte in Augsburg auch taktisch komplett überfordert.
Er habe bereits am Sonntag mit dem Manager gesprochen und werde das auch am Montag tun, berichtete Covic. „Ich bin die unwichtigste Person, was mein eigenes Empfinden angeht“, betonte der Ex-Profi zum wiederholten Mal. „Es geht um uns alle als Verein. Wenn du 23 Jahre im Verein bist, betrifft dich das auch emotional.“
Äußerlich wirkte der Deutsch-Kroate immer noch angefasst vom spielerischen Offenbarungseid seines Teams in Augsburg. Dennoch gab sich Covic kämpferisch. „Es geht darum, wenn man die Möglichkeit bekommt, die Jungs geradezubiegen, dass man das macht“, sagte er. „Aufgeben gibt es nicht in meinem Leben. Einfach kann jeder.“ Exakt die gleichen Worte („Einfach kann jeder“) wählte übrigens auch Kovac diese Saison - neun Tage später war er nicht mehr Trainer der Münchner.
Die Aufgaben für die Berliner werden nun nicht einfacher. In allen fünf Spielen bis Weihnachten geht es gegen Teams, die derzeit mindestens unter den besten zehn der Tabelle stehen. Nach dem Heimspiel gegen Borussia Dortmund geht es zu Eintracht Frankfurt, dann stehen Partien gegen den SC Freiburg, bei Bayer Leverkusen und gegen Borussia Mönchengladbach an. „Wir haben in der letzten Saison auch gegen die großen Gegner die Punkte geholt“, sagte Nationalspieler Niklas Stark mit Zweckoptimismus. „Warum denn nicht?“ dpa