Adi Hütter hatte Klärungsbedarf. Nach der erneuten Party-Eskapade von Martin Hinteregger, diesmal im Kreise der österreichischen Nationalmannschaft, bestellte der Trainer von Eintracht Frankfurts seinen Abwehrspieler deshalb umgehend zum Rapport. „Ich habe ihm den freien Tag gestrichen. Er musste sofort wieder da sein“, sagte Hütter am Donnerstag. Die wiederholten Fehltritte ihres Publikumslieblings beobachten auch die Hessen mit wachsender Sorge.
Nachdem er sich zuvor bereits bei Österreichs Sportdirektor Peter Schöttel und bei Trainer Franco Foda nach den Vorfällen erkundigt hatte, suchte Hütter das klärende Gespräch mit Hinteregger. „Er hat sich sehr reuig gezeigt“, berichtete er nun. Für das Gastspiel am Samstag (15.30 Uhr/Sky) bei seinem Ex-Klub FC Augsburg sei Hinteregger deshalb auch wieder ein Thema: „Ich möchte mich nicht zu lange damit aufhalten.“
Nach dem 6:0 (2:0) der Österreicher gegen Lettland seinen 27. Geburtstag bis in die frühen Morgenstunden im Skiort Flachau gefeiert und den von Foda verhängten Zapfenstreich (21.30 Uhr) ignoriert. Beim Spiel am Montag in Polen (0:0) wurde er daraufhin auf die Bank verbannt. „Natürlich fand ich es nicht gut, was passiert ist“, sagte nun auch Hütter: „Aber ich denke, die Sache wurde intern gut gelöst.“
Die Disziplinlosigkeit bei der Nationalmannschaft war allerdings nicht der erste Ausfall dieser Art. Im Sommer, damals noch in Diensten Augsburgs, torkelte Hinteregger betrunken über ein Dorffest in Österreich und wurde dabei gefilmt. Überhaupt soll es während seiner Zeit beim FCA mehrere Vorfälle mit Alkohol gegeben haben. Zudem war er dort nach öffentlicher Trainer-Kritik zwischenzeitlich suspendiert, seinen Abgang nach Frankfurt provozierte er gezielt.
Nach dem Vorfall in Flachau zeigte sich Hinteregger jedoch immerhin einsichtig. Ihm sei bewusst, „hier eine Grenze überschritten“ zu haben, wurde er in einer Mitteilung des österreichischen Verbands ÖFB zitiert: „Ich habe mich beim Trainer, bei der Mannschaft und dem Betreuerteam für mein Verhalten entschuldigt.“ In Frankfurt hat man Hinteregger die gelegentlichen Ausbrüche ohnehin bislang nicht übel genommen, auch weil er sich hier bislang nichts zu schulden kommen ließ.
Der Kärntner hat sich bei den Anhängern vielmehr einen Ruf als besonders authentischer Profi erarbeitet. Einen Song über die „Hinti-Army“, seine persönliche Fangemeinde, wurde ihm gewidmet. Und auch dass er nach seinem verschossenen Elfmeter im Europa-League-Halbfinale beim FC Chelsea Trost in den Armen der Kurve suchte, brachte ihm viele Sympathien ein.
Hinteregger fällt aus dem typischen Raster moderner Fußballer spürbar heraus. Die sozialen Netzwerke meidet er, lief dafür bis zuletzt mit einem uralten Klapphandy umher.
Auf der anderen Seite macht er seinen Pilotenschein und spielt laut eigener Aussage fast täglich Ziehharmonika. Solange die Leistung stimmt, wird ihm all dies besonders beim Anhang positiv ausgelegt. Doch Hinteregger bewegt sich auf einem schmalen Grat, er befindet sich am Scheideweg: zum Kult- oder zum Skandal-Profi. sid