Wer Thomas Delaney bei der Fotoplattform Instagram folgt, der bekommt den Eindruck, dass da ein ganz normaler Typ Eindrücke aus seinem Leben teilt. Wie er mit seinen Freunden an einem See picknickt, einen Kochkurs besucht, mal seinen Hund ausführt. Ziemlich normal eigentlich. Nur: Normalität war zuletzt eben nicht normal bei Borussia Dortmund. Jedenfalls drängten in die Öffentlichkeit eher jene BVB-Profis, die im Internet ihr Luxus-Leben glorifizierten. Statt Picknick am See gab es Champagner im Privatjet.
Ausgeprägter Siegeswille Auch aus dem Grund wird klar, warum der Bundesligist den Mittelfeldspieler von Werder Bremen holt. Die Dortmunder wollen mehr Bodenständigkeit im Kader. Mentalitätsspieler, wie sie es nennen. „Er ist ein physisch und charakterlich starker Spieler, der mit seiner offenen Art und seinem ausgeprägten Siegeswillen hervorragend in unsere Mannschaft passt“, meint Sportdirektor Michael Zorc.
Gestern Abend vermeldete die Borussia den Transfer, nachdem der 26-Jährige bereits am Mittag aus dem Trainingslager der dänischen Nationalmannschaft in Roskilde nach Dortmund gereist war – diesmal auch im Privatflieger (ging nicht anders). Sein Vertrag gilt bis zum Jahr 2022. Nach Informationen dieser Zeitung überweist der BVB eine Ablösesumme in Höhe von 20 Millionen Euro auf das Bremer Konto – hinzu können noch leistungsbezogene Prämien kommen. „Mit dänischen Nationalspielern hat Borussia Dortmund immer erstklassige Erfahrungen gemacht“, betont Zorc.
Dabei wird der Sportdirektor vor allem an Flemming Povlsen gedacht haben, mit dem Zorc von 1990 bis 1995 ja selbst zusammengespielt hat. Der Däne hat sich damals in die Herzen der BVB-Fans gekämpft. Heute arbeitet der 51-Jährige als TV-Experte in seiner Heimat, und am Telefon sagt er dieser Redaktion Worte, die den Dortmunder Anhängern Hoffnung machen werden. „Delaney ist ein Typ wie ich, nur besser ausgebildet“, erklärt Povlsen. „Er ist offen, zugänglich, hat immer ein Lächeln auf den Lippen. Er verkörpert etwas, was dem BVB gefehlt hat: Mentalität.“
Kehl hat eine Lücke gerissen Eigentlich fehlt der Borussia das kämpferische Element im Zentrum seit gut drei Jahren. Damals beendete Sebastian Kehl seine Karriere, Sven Bender wurde zum Innenverteidiger umfunktioniert. Im Mittelfeld aber ging die Robustheit verloren, die Delaney nun wieder zurückbringen soll. „Genau so einen Spieler, der immer wieder aufsteht, brauchen die Dortmunder“, meint Povlsen. „Die Fans werden ihn mögen, weil er für seinen Verein immer durch Dick und Dünn geht.“
Delaney selbst verspricht: „Ich werde immer mit viel Herz spielen.“ Bei Werder war er Anführer, er stand fast immer auf dem Rasen, erzielte drei Treffer, bereitete fünf vor. Klar ist aber auch: Durch seinen Transfer wird es eng im zentralen BVB-Mittelfeld. Jetzt konkurrieren mit Julian Weigl, Gonzalo Castro, Mahmoud Dahoud, Nuri Sahin, Sebastian Rode und eben Delaney gleich sechs Spieler um einen Startplatz. Zu viele. Deshalb wird der Verein Castro oder Rode sicher keine Steine in den Weg legen, sollten sie sich anders orientieren. Sahin wird mit dem türkischen Erstligisten Galatasaray Istanbul in Verbindung gebracht, aber der Fanliebling will das Revier eigentlich nicht verlassen. Die Türkei reizt ihn nicht als Arbeitsplatz.
Doch steht ihm jetzt auch noch Delaney im Weg. Der schwärmt von seinem neuen Arbeitgeber: „Der BVB ist für mich einer der Top-10-Vereine in Europa. Das Stadion ist sowieso das beste in ganz Europa“, sagt er und erklärt, dass er Titel gewinnen wolle.
Allerdings hat Delaney nie einen Hehl daraus gemacht, dass er gerne einmal in der englischen Premier League spielen will. Heißt auch: Der BVB bedeutet noch nicht die Vollendung seiner Karriere. Trotzdem meint Povlsen: „Für den BVB ist das ein sehr guter Transfer.“