Juristische Winkelzüge, öffentliche Anfeindungen und völlig verhärtete Fronten: Das Ringen um die Übernahme von Hannover 96 verkommt immer mehr zu einer Schlammschlacht. Präsident Martin Kind hält unbeirrt an seinen Übernahmeplänen fest. Die Opposition kämpft weiter verbissen gegen den millionenschweren Unternehmer an und forderte nun den Rücktritt des Vorstands.
Die Giftpfeile flogen vor der Präsidiumssitzung der Deutschen Fußball Liga (DFL) am Dienstag hin und her. Das Treffen des entscheidenden Gremiums in Frankfurt sollte zwar noch keinen endgültigen Beschluss bringen. Doch die Auslegung der Investorenregel 50+1 dürfte diskutiert worden sein. Sicher deutlich weniger emotional als in der niedersächsischen Landeshauptstadt.
Dort hatten die Streitereien an den vergangenen Tagen noch einmal ein höheres Level erreicht. "Nach vorliegenden Informationen nehmen nicht nur Vorstände, Aufsichtsräte und andere direkt im Verein agierende Personen die Trennung zwischen dem Verein und den verschiedenen Gesellschaften im 'Konstrukt Hannover 96' nicht so ernst, wie es sein sollte", hieß es zu Beginn einer Pressemitteilung, die die Interessensgemeinschaft Pro Verein 1896 am Montag verschickte.
Es folgten Zeilen, in denen sich die Kind-Gegner erneut höchstkritisch zum Ablauf des sich anbahnenden Verkaufs der Hannover 96 Management GmbH an Kind für 12750 Euro einließen. Die Übernahme der besagten GmbH würde Kind die vollständige Kontrolle über den Klub einbringen und sei damit - so argumentieren Kritiker immer wieder - viel mehr Wert als der gehandelte Betrag. "Wir arbeiten ordnungs- und sachgemäß", entgegnete Kind im kicker.
Aufsichtsratsmitglied Ralf Nestler verweist jedoch auf ein Gutachten der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Baker Tilly, nach dem die Anteile einen zweistelligen Millionenbetrag wert seien. Nestler hat einen Antrag auf eine einstweilige Verfügung beim Landgericht Hannover gegen die Übernahme gestellt. Eine Entscheidung darüber soll in dieser Woche fallen.
Das sind geistige Brandstifter, die Beleidigungen des Präsidenten initiieren.
Uwe Krause, stellvertretender Vorstandsvorsitzender Hannover 96
Kind und seine Mitstreiter ließen sich von den Manövern der Widersacher bislang kaum aus der Ruhe bringen. Die Klubführung des so stark in die Saison gestarteten Bundesligisten sah sich aber zuletzt immerhin zu einer Stellungnahme per Klubmedien gezwungen und rechtfertigte sich für die kritisierte Verkaufssumme. Die Interpretation, Kind würde sich einen unberechtigten Vorteil verschaffen, sei "abwegig" und "ehrabschneidend".
Auf die Forderung einer Ablösung des gesamten Vorstands reagierte der stellvertretende 96-Vorstandsvorsitzende zudem höchst gereizt. "Das sind geistige Brandstifter, die Beleidigungen des Präsidenten initiieren", sagte Krause der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung: "Auch wenn man nicht alle dazuzählen kann."
Der Streit um die Zukunft des Bundesliga-Traditionsklubs spaltet die Anhänger längst in zwei Lager. Offen ist weiterhin, wie die DFL das Ansinnen Kinds auf eine Ausnahmeregelung zur 1998 eingeführten 50+1-Regel einschätzt.
Neben den zeitlichen Anforderungen (mindestens 20 Jahre) ist auch die Höhe des Engagements von Bedeutung. Sie soll den Aufwendungen eines Hauptsponsors nahe kommen. "Alle Hausaufgaben sind gemacht", sagt Kind stets. Doch das sehen seine Gegner ganz anders.