Es hätte kaum jemanden gewundert, wenn Holger Badstuber liegen geblieben wäre und sie ihn vom Rasen getragen hätten. Mancher im Stuttgarter Stadion hat laut „Ich hab`s gewusst!“ gerufen. Die erste Hälfte der Partie des VfB Stuttgart gegen den FSV Mainz befand in den ersten Minuten als sich der 28 Jahre alte Innenverteidiger vor Schmerzen am Boden krümmte. Badstuber? Dunkle Erinnerungen an den Mann, der seit langem als Dauerpatient galt wurden wach. Zweimal Kreuzband, ein Knöchelbruch und gefühlt tausend weitere Verletzungen. Der Ruf seit langem in Schieflage geraten.
Dass die Geschichte anders ausging ist für manchen eine leicht anrührende Episode, weil der Ex-Münchner sein zweites Bundesligator überhaupt schoss (fast acht Jahre lagen dazwischen) und dem Aufsteiger VfB mit seinem Kopfball (53.) die ersten drei Punkte sicherte. Für andere rufen die Ereignisse die Turbulenzen in Erinnerung, die Badstuber Anfang August in Stuttgart auslöste.
Wie ein Lotse in unsicheren Gewässern
Damals entließ der VfB seinen Manager Jan Schindelmeiser, just an dem Tag, an dem die Verpflichtung von Badstuber publik wurde. Nicht nur VfB Präsident Wolfgang Dietrich soll sich entschieden gegen die Verpflichtung Badstubers ausgesprochen haben. Der Fall sei einer von Schindelmeiser’s Alleingängen gewesen sein, dem man mangelnde Teamfähigkeit vorwarf. Weil Schindelmeiser die Sache mit dem ehemaligen VfB-Jugendspieler (2000 – 2002) aber schon so gut wie ausverhandelt hatte, verschickten die Schwaben bald nach der Pressemitteilung zu Schindelmeiser’s Rauswurf, die mit dem stark leistungsbezogenen Ein-Jahres-Vertrag von Badstuber.
Fast pflichtschuldig verwies man auf den guten Charakter des Neuzugangs. Nach einer Aufbau-Trainingswoche und der ersten Startelf-Nominierung war Badstuber plötzlich vielmehr für eine junge Stuttgarter Mannschaft, in der „viele junge Spieler noch naiv sind“ (Badstuber). Der gebürtige Memminger wirkte wie ein Lotse in unsicheren Gewässern.
Er gewann – gegen schwache Mainzer - nicht nur alle seiner Zweikämpfe und bekam fast 90 Prozent seiner Pässe ins Ziel – Badstuber dirigierte Abwehr und Mittelfeld. Fast übertrieben väterlich zog er anschließend Bilanz als sich viele fragten, wie sich die Stuttgarter wohl ohne ihn und Last-Minute-Zugang Dennis Aogo angestellt hätten?
„Wir sind noch am Anfang der Saison und viele junge Spieler müssen sich an die andere Härte der Bundesliga gewöhnen“, sagte er. Und: „Wir müssen uns steigern. Wir hätten das heute souveräner machen müssen.“ Und sein Tor, das erst zweite überhaupt? Badstuber wiegelte ab: „Egal, wer die Tore schießt, wichtig waren die drei Punkte.“
Erfahrung und Qualität nicht im Übermaß vorhanden
Da mag er sogar Recht gehabt haben, trotz des Understatements. Der Erfolg über uninspirierte Mainzer, denen nicht einmal der Ex-Stuttgarter Alexandru Maxim helfen konnte, sorgt vorerst für Ruhe in Stuttgart. Eine Serie von Niederlagen hätte die Position des erst 36 Jahre alten Trainers Hannes Wolf durchaus erschüttert. Der war auch eine Idee von Schindelmeiser.
Wenn die Erleichterung des ersten Erfolges etwas abnimmt, wird manchem in Stuttgart bewusst werden, wie schwierig diese Saison wohl wird, weil Erfahrung und Qualität nicht im Übermaß vorhanden sind. Und, die Betrachtungsweise der Causa Badstuber hat sich grundlegend geändert. Aus dem Streitfall ist nicht nur der Siegtorschütze geworden, sondern einer, der zusammen mit Aogo und dem erfahrenen Torwart Ron-Robert Zieler zur Achse werden könnte, die dem jungen VfB den nötigen Halt gibt.
Dass sich die Stuttgarter nicht immer auf die Tore von Zweitligatorschützenkönig Simon Terodde verlassen können, bewies dessen Schuss an den Pfosten (81.) beim Elfmeter (nach gemeinschaftlichem Foul von Giulio Donati und Rene Adler – und dem Einsatz des Videobeweises) und dessen Probleme, sich bei hohen Temperaturen gegen die nicht souveränen Mainzer Verteidiger durchsetzen zu können.