Ist Charakter entscheidend bei einer Spielerverpflichtung? Auf jeden Fall. Weil wir von der Gesamtart des Vereins und aber auch von der Art, wie wir Fußball spielen, vielleicht mehr als andere über das Kollektiv kommen.
Die Führungsriege erscheint beim BVB auch manchmal wie ein Kumpel-Gegenmodell im Vergleich mit anderen Großklubs... Das ist so.
Was ist der Vorteil? Naja, Kumpel ist vielleicht doch nicht ganz der richtige Ausdruck, weil er bedeuten würde, dass wir abends ständig gemeinsam rausgehen und unsere Freizeit miteinander verbringen. So ist es ja nicht. Wir haben aber einfach totales Vertrauen zueinander. Was jedoch nicht ausschließt, dass wir sehr kontrovers diskutieren. Das Besondere am BVB ist, dass von diesen Diskussionen nie etwas verlautet.
Wenn Sie zu anderen Vereinen hinüberschauen: Worin erkennen Sie die Nachteile für einen Klub ohne ähnliches Vertrauensmodell? Kontinuität hilft immer. Wenn du dein Führungspersonal alle zwei, drei Jahre auswechselst, kriegst du nämlich immer wieder Brüche. Und das andere ist das Vertrauen. Du kannst dir alles sagen. Du kannst dich dabei komplett fallen lassen. Du kannst noch so absurde Ideen ausdiskutieren, ohne die Angst haben zu müssen, dass das öffentlich werden könnte. Darin haben wir eine extrem hohe Kultur. Und das hilft sogar dramatisch. Wenn du genau das nicht hast, kannst du nicht mit einem Personaletat, der die Hälfte von dem von Bayern beträgt, zweimal hintereinander Deutscher Meister werden. Das ist für mich eine ganz klare Bedingung dafür.
Ist dieses Modell nach einer rationalen Fehleranalyse vorangegangener Jahre entstanden? Nein, das hat sich einfach entwickelt. Rational war die Entscheidung für Jürgen Klopp und einen neuen Fußballstil. Aber dass damit diese Art der Zusammenarbeit einher gehen würde, wussten wir alle nicht. Das kann man auch nicht kopieren. Irgendwann wird es sich also verändern. Das muss dann natürlich nicht schlechter sein. Wobei: Wir sind altersmäßig nicht so weit auseinander. Vielleicht hören wir ja alle irgendwann zusammen auf.
Schauen Sie denn am Jahresende zurück und fragen sich: Wie war’s denn so für uns? Ich habe über eine Woche gebraucht, um mit dem Champions-League-Finale klarzukommen. Weil man ja weiß, dass man das als Borussia Dortmund nicht so häufig hat. Aber nach einer Woche hat sich bei mir dann doch das Gefühl eingestellt: Vielleicht wäre das auch des Guten etwas zu viel gewesen. Vielleicht ist es sogar wichtig für uns gewesen, so ein sympathischer Verlierer auf Topniveau gewesen zu sein. 2012, 2013 waren ja unfassbare Jahre. Auch 2011. Ansonsten neige ich nicht groß dazu, zurückzuschauen. Nur Silvester vielleicht.
An Silvester wünscht man sich traditionell auch etwas für das kommende Jahr... Ich wünsche mir, dass wir so eine Verletzungssituation nie mehr erleben. Wenn die Mannschaft ganz überwiegend fit ist, werden wir eine gute Rückrunde spielen, da bin ich sehr sicher, dann werden wir versuchen, uns ein bisschen weiter nach vorne zu arbeiten. Und natürlich wünsche ich mir, dass wir die beiden Pokalrunden überstehen. Damit wäre ich dann schon sehr zufrieden.
Und was wünschen Sie sich für den Fußball insgesamt? Ich hoffe, dass der Fußball sich nicht zu sehr populistischen Einflüssen aussetzt. Das Spiel muss im Vordergrund stehen. Und dieses Spiel sollte man nicht verändern! Wenn ich höre, dass Schiedsrichter demnächst mit Sprühflasche Neun-Meter-Distanzen für Freistoßmauern malen soll, da frage ich mich: Wie krank muss eigentlich jemand sein, um auf so etwas zu kommen?