Wir unterhielten uns mit dem Ur-Dortmunder, der heute noch in der Traditionsmannschaft des BVB spielt.
Michael Lusch, wie war es, direkt von Germania Hamm zu Borussia Dortmund zu wechseln?
Es war ein Wahnsinnsschritt. Ein Jahr habe ich noch für die A-Jugend des BVB gespielt, danach war ich schon bei den Profis. Plötzlich war ich in einer Mannschaft mit Rolf Rüssmann, Eike Immel, Rüdiger Abramczik und Manni Burgsmüller. Aber ich habe mich selbst entwickelt, ebenso wie einen gewissen Ehrgeiz.
Wurden Sie von den Etablierten denn für voll genommen?
Die ersten Jahre waren schwierig, zumal ich eine langwierige Muskelverletzung hatte. Aber mit Michael Zorc und Ralf Loose hatten es zwei Spieler aus dem Jahrgang vor mir zu den Profis geschafft. Und ich kam schon als A-Jugendlicher unter Kalli Feldkamp auf 16 Bundesligaspiele.
Die denkwürdigen Relegationsspiele gegen Fortuna Köln 1986 mussten Sie als Randfigur miterleben.
Das ist unvergessen. Wir waren eigentlich schon draußen, als „Kobra“ Wegmann uns mit seinem Tor in der Liga gehalten hat. Dass wir die Klasse gehalten haben, war für den gesamten Verein enorm wichtig. Kam Ihnen als Reservist denn nie der Gedanke, dass sich ein Abstieg positiv auf Ihre Spielanteile auswirken könnte?
Nein, niemals. Dortmund ist so ein sensationeller Verein, darauf wäre ich nie gekommen. Ich habe nur gehofft, dass wir drin bleiben. Und für mich persönlich war es von Vorteil, dass Reinhard Saftig in der Zeit die Mannschaft übernommen hat. Unter ihm bin ich zum absoluten Stammspieler gereift.
Mit Ihnen ist auch der Verein gereift und wurde immer erfolgreicher. Wie haben Sie die Jahre des Aufbruchs erlebt?
Wir hatten eine relativ junge Mannschaft mit vielen Spielern aus dem Umkreis. Entsprechend toll war der Teamgeist. Und wir haben mit Frank Mill, Norbert Dickel und Thomas Helmer enorme Verstärkungen dazubekommen. Das war eine richtig gute Truppe. Und der DFB-Pokalsieg 1989 war dann der Erfolg, den sich das ganze Umfeld so lange herbeigesehnt hatte.
Wie war es, direkt nach der Einwechslung das entscheidende 4:1 im Finale gegen Werder Bremen zu schießen?
Es war ein Wahnsinnserlebnis. In dem Spiel passte alles. Es war ja schon überragend, dass wir gewonnen haben. Aber als Torschütze bin ich ja sogar in die Annalen eingegangen. Das fühlt sich an, als ob es letzte Woche gewesen wäre, weil ich noch immer so viele Erinnerungen daran habe.
War nach dem Pokalsieg schon das Bewusstsein geboren, dass man am Beginn einer Ära stehen könnte?
Uns hatte niemand auf der Rechnung, Werder war der klare Favorit. Trotzdem haben wir sie deutlich geschlagen. Aber ganz ehrlich: In den Jahren danach haben wir uns relativ schwer getan. Erst als Ottmar Hitzfeld 1991 zu uns kam, waren wir ein ernstzunehmender Titelkandidat.
Wie haben Sie die Entwicklung des BVB von ihrem Bundesligadebüt 1982 bis zu Ihrem Abschied als UEFA-Cup-Finalist 1993 erlebt?
Ich hätte nie gedacht, dass ich so eine Entwicklung miterleben dürfte – sowohl mit dem Verein als auch persönlich. Natürlich ist es beeindruckend, was in dieser Zeit geleistet wurde. Aber es ist ja auch ein langer Zeitraum gewesen. Gerade im Fußball kann innerhalb von elf Jahren doch so ziemlich alles passieren.
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