Die Profis tanzten mit ihren Papp-Meisterschalen vor der bebenden Südtribüne, der Dortmunder Junge Kevin Großkreutz sang live im Fernsehen: Der achte Titel ließ bei Borussia Dortmund alle Dämme brechen. Die Anspannung löste sich nach dem 2:0 (1:0) gegen Borussia Mönchengladbach in allen Formen. Wilde Tänze, Albernheiten und Ehrenrunden nach einer überragenden Saison prägten das Bild im Tollhaus Signal Iduna Park.
"Wie die Mannschaft das gemacht hat, das ist Wahnsinn", krächzte der pitschnasse Trainer Klopp, während auch die Innenstadt im Partyrausch versank, "dafür gibt es keine Worte. Wenn es jemals einen verdienten Meister gab, dann sind wir das!" Seine Mannschaft habe einen "außergewöhnlichen" Charakter, "das ist schon verrückt, was wir machen".
Lange vor dem Schlusspfiff hatten die Fans sich für den großen Moment warm gesungen. Als es um 20.20 Uhr so weit war, dachte der BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke zurück an schwere Stunden. "Wenn man überlegt, woher wir kommen, ist das unglaublich", sagte Watzke in Erinnerung an die Beinahe-Pleite von 2005. "Wunderbar, großartig", jubelte er dann, "nach sechs Spieltagen waren wir Elfter - da noch mal zurückzukommen, ist einfach grandios."
Großkreutz, der "Party-Minister" im Team, untertrieb gewaltig, als er verkündete, die Mannschaft werde sicherlich "ein, zwei Bier" trinken. Etwas übertrieben war hingegen die mutige Aussage, "niemand auf der Welt" könne sich vorstellen, was der BVB erreicht habe.
Doch einige Gedanken gingen auch voraus zum 12. Mai. "Wir wollen die Bayern auch im Pokalfinale schlagen", sagte Großkreutz. Es wäre das erste Double für den BVB, der für seinen fünften Meistertitel in der Bundesliga-Ära (nach 1963) künftig einen zweiten Stern auf dem Trikot tragen darf.
Zwei Runden vor dem Saisonende führt der BVB, der auch das 26. Spiel in Folge ungeschlagen blieb (Rekord), die Tabelle uneinholbar mit acht Punkten Vorsprung vor Verfolger Bayern München an. Der FC Bayern hatte die BVB-Feier mit einem Last-Minute-Tor zum 2:1 bei Werder Bremen zunächst verschoben. "Mir ging es schon besser als in dieser 91. Minute", sagte Klopp. "Das war meine größte Herausforderung, seit ich Fußball-Mannschaften betreue."
Der BVB und einige Tausend seiner emotionsgeladenen Fans in den Kneipen und auf den Plätzen in der Innenstadt hatten eine Achterbahnfahrt der Gefühle erlebt. Denn bis 17.21 Uhr schien Dortmund schon vorzeitig als Meister festzustehen, bevor sich Bayern-Star Franck Ribéry als Spielverderber erwies und die Schwarz-Gelben gegen Gladbach zum Siegen verdammte. Der BVB löste die Situation bravourös. Gladbach erlitt durch die Tore von Ivan Perisic (23.) und Shinji Kagawa (59.) dagegen einen Rückschlag im Fernduell mit Schalke 04 um die direkte Qualifikation für die Champions League.
Die Dortmunder begannen gewohnt aggressiv und wollten das frühe Führungstor erzwingen. Für den ersten Warnschuss sorgte Robert Lewandowski (10.), der das Ziel nur knapp verfehlte.
Von den Zuschauern frenetisch angefeuert, ergaben sich weitere hochkarätige Möglichkeiten. Pech hatte Kagawa mit einem Pfostenschuss (20.), den Nachschuss von Lewandowski aus kurzer Distanz parierte Gladbachs Torhüter Marc-André ter Stegen klasse. In dieser Phase waren die Gäste fast ausschließlich in der Rückwärtsbewegung.
Die Stimmung in der mit 80.720 Zuschauern ausverkauften Arena erlebte einen ersten Höhepunkt, als Perisic den Ball nach einem Freistoß von Marcel Schmelzer aus kurzer Distanz zum 1:0 einköpfte. Der Treffer war bereits zu diesem Zeitpunkt hochverdient, denn Gladbach fand kein Mittel gegen den Dortmunder Power-Fußball. Die wenigen Konterversuche endeten zumeist schon weit vor dem Strafraum.
Dortmund präsentierte sich mit der Meisterschale in Sichtweite unvermindert entschlossen und kam durch Mats Hummels (37.) zu einer weiteren Riesenchance, doch erneut ter Stegen hielt seine Mannschaft im Spiel. Erst nach dem Wiederanpfiff setzte Gladbach auch in der Offensive Akzente. Marcel Schmelzer verhinderte auf der Linie gegen seinen künftigen Teamkollegen Marco Reus, der im Sommer für 17,5 Millionen Euro die Seiten wechseln wird, den Ausgleichstreffer.
Doch schon wenige Minuten später traf Kagawa zum 2:0. BVB-Coach Klopp hielt es nicht mehr auf der Bank, er sprintete dem Torschützen als erster Gratulant entgegen und rutschte dabei aus, während auf den Rängen die Feierlichkeiten begannen. Die Dortmunder Glückseligkeit war perfekt, als Nationalspieler Mario Götze nach seiner langen Verletzungspause in der 73. Minute eingewechselt wurde und damit erstmals in der Rückrunde zum Einsatz kam.