Marcel über Manu Neuer

"Ich bin und bleibe Schalker!"

Wenn Manuel Neuer am Sonntag als Spieler des FC Bayern in die Schalker Arena zurückkehrt, werden die S04-Fans Gift und Galle spucken. Ein Schalke-Mitglied würde normalerweise ebenfalls im königsblauen Trikot in der Nordkurve hinterm Tor stehen: Marcel Neuer.

Der Platz des etwas mehr als ein Jahr älteren Bruders des deutschen Nationaltorhüters bleibt aber im Gegensatz zum Länderspiel zwischen Deutschland und Österreich vor knapp zwei Wochen leer. Er muss diesen speziellen Gewissenskonflikt, dass seine Freunde, Bekannten und Gleichgesinnten plötzlich den geliebten Bruder niedermachen, zum Glück für ihn nicht durchleben.

Dornberg gegen Aachen II statt Schalke gegen Bayern

Marcel Neuer ist nicht vor Ort, sondern in seiner Funktion als Schiedsrichter am Sonntag für das NRW-Liga-Spiel zwischen dem Aufsteiger TuS Dornberg und Alemannia Aachen II angesetzt. So kann er nur in Gedanken bei Manuel sein, wenn er „die Höhle des Löwen“ betreten wird. „Es ist klar, dass der Empfang für ihn nicht besonders schön ausfallen wird“, weiß Marcel Neuer, der per Telefon und SMS ständig im Kontakt mit dem Neu-Münchner ist.

Seit sein Bruder den Wechsel zum deutschen Rekordmeister bekannt gegeben hat, wird auch er häufig darauf angesprochen, dass gerade der „Ur-Schalker“ Manuel Neuer doch nicht zu den in Gelsenkirchen verhassten Bayern gehen dürfe. Marcel kann die Bedenkenträger verstehen, ohne ihre Meinung zu teilen. „Aus Fanperspektive ist es auch schade, dass er den Verein verlassen hat, aber er ist Profi und Fußball sein Beruf. Daher hat er sich für seine sportliche Weiterentwicklung entschieden, das kann ich gut nachvollziehen“, sagt der Lehramtsstudent der Theologie und Geschichte an der Ruhr-Universität Bochum.

Auswüchse wie Beleidigungen in Internetforen, wo Manuel als „Judas“ bezeichnet wurde oder die Ohrfeige von einem enttäuschten Fan beim Autokorso durch Gelsenkirchen nach dem DFB-Pokalsieg, findet er aber überhaupt nicht in Ordnung. „Das war eine schwierige Phase für ihn. Schalke hat in der Zeit auch nicht viel dafür getan, dass der Wechsel geräuschloser vonstatten geht“, meint Marcel Neuer mit Blick auf den langen Hickhack um die von Vereinsboss Clemens Tönnies angebotene Vertragsverlängerung für den Torhüter, der sich doch schon längst für keine weitere Verlängerung seines Vertrages in seiner Geburtsstadt Gelsenkirchen entschieden hatte.

In seiner Tätigkeit als Unparteiischer wird er allerdings so gut wie nie auf dieses Thema angesprochen. Im Gegenteil, der Name Neuer sorge vielmehr dafür, dass ihn die Spieler in der A-Junioren-Bundesliga oder der NRW-Liga nicht „Herr Schiedsrichter“ oder kurz „Schiri“ rufen sondern „Herr Neuer“.

So wird es auch am Sonntag im Bielefelder Stadtteil Dornberg sein. Da die von ihm zu leitende Partie bereits um 15 Uhr beginnt, das Gipfeltreffen in der Bundesliga aber erst zweieinhalb Stunden später, will sich Marcel Neuer den Auftritt Manuels auf Schalke in Dornberg oder Umgebung im TV anschauen. Dann hofft er darauf, dass die Stimmungsmache gegen seinen Bruder nicht allzu schlimm ausfallen werden und dieser in der Atmosphäre seine gewohnte Coolness bewahrt. „Er geht alle Herausforderungen mit einer unheimlichen Ruhe an, das ist wirklich einer seiner starken Charaktereigenschaften“, weiß Marcel Neuer.

Dass er bei seiner erneuten Rückkehr nach Schalke nun mit den Bayern nicht unbedingt die Punkte mitnehmen muss, versteht sich aus seiner Sicht von selbst: „Wenn er mit den Bayern gewonnen hat, schicke ich ihm immer einen Glückwunsch. Aber ich bin und bleibe natürlich Schalker, daher möchte ich mir diese SMS am Sonntag ersparen.“