Der Insolvenzantrag gegen den KFC Uerdingen ist nun schon mehr als zwei Wochen alt. Seither überschlagen sich die Ereignisse - nicht zuletzt am Mittwoch. Da meldete sich Sven Hartmann, der einstige Chef des Ehrenrates, zu Wort.
Nach zunehmender Kritik trat Hartmann am 9. Januar von seinen Ämtern zurück. Nun beklagt er in einem Post bei Facebook, der RevierSport vorliegt, ein "tiefgreifendes Problem in der Tatsache, dass viele unserer Fans und Mitglieder sich aufgrund fehlender Informationen seitens des Vereins gar kein realistisches Bild von der Lage machen können, in der sich unser KFC befindet".
Hartmann wirbt für einen sachlichen Diskurs, wirft dem Verwaltungsrat und Vorstand aber auch vor, schlecht zu kommunizieren. Das will er augenscheinlich besser machen und liefert eine Chronik, die ab Mai 2024 das dokumentieren soll, was rund um den KFC Uerdingen finanziell vor sich geht.
Viele Dinge, die Hartmann beleuchtet, hat RevierSport in dieser Form bereits öffentlich gemacht. Entsprechende Stellen werden verlinkt.
Die Abhandlung von Sven Hartmann im Wortlaut
Mai 2024:
Der KFC hat einen Schuldenstand von ca. 800.000 EUR, ein Großteil davon resultieren aus Forderungen der Berufsgenossenschaft, mit denen man in Kontakt steht und mögliche Zahlungsvereinbarungen aushandelt.
Mai 2024:
Der Vorstand schließt einen Kooperations- und Darlehensvertrag mit M-Soccermanagement ab. Mehmet Eser stellt lukrative Sponsoren im hohen sechsstelligen Bereich in Aussicht. Eser soll mit seiner Expertise bei der Kaderzusammenstellung federführend mitwirken. Als Budget-Grundlage dient dabei der vom Verwaltungsrat freigegebene Etat von 580.000 EUR für die Regionalligamannschaft. Eine Überschreitung dieses Budgets darf nur erfolgen, wenn diese durch weitere Sponsoreneinnahmen gedeckt werden können (siehe auch Mitglieder-Information am 26.09.2024 durch den Verwaltungsrat). Daraufhin entscheidet sich der Vorstand und Verwaltungsrat gegen eine Insolvenzanmeldung, da eine Fortführung als realistisch und möglich angesehen wird.
Mai bis Juni: 2024:
Der damalige kommissarische Vorstand um Scholten und Thissen stellen gemeinsam mit Mehmet Eser und dem damaligen sportlichen Leiter Atta Güner einen Kader zusammen, der den vom Verwaltungsrat freigegebenen Etat um 900.000 (!) EUR übersteigt. Eser verweist gegenüber Vorstand und Verwaltungsrat wiederholt auf den Umstand, das mit kommenden Sponsoren abdecken zu können. Der Verwaltungsrat hält sich bedeckt.
Juli 2024:
Mehmet Eser schlägt dem Verwaltungsrat Thomas Platzer als neuen Vorsitzenden vor. Thomas Platzer kündigt an, bei Amtsantritt 350.000 - 400.000 EUR in den Verein einzubringen.
Juli - Oktober 2024:
Thomas Platzer ist als neuer Vorsitzender praktisch nicht existent. Er stellt sich den Mitarbeitern nach Amtsantritt nicht vor, er ist so gut wie nie vor Ort. Auch seine angekündigten Geldeinlangen werden nicht in die Tat umgesetzt. Selbst ein von ihm öffentlich angekündigtes Hauptsponsoring durch seine Firma Gangbild wird nicht umgesetzt. Teile der aktiven Fanszene richten sich gegen ihn.
Juli - November 2024:
Tägliche Versprechungen, dass in den nächsten Tagen ein Hauptsponsor parat steht, verpuffen. Letztlich spricht der Verwaltungsrat das Misstrauen gegenüber Thomas Platzer aus und ruft zu einer außerordentlichen Mitgliederversammlung zur Abberufung des 1. Vorsitzenden auf. Laut unserer Satzung fehlt dem Verwaltungsrat dazu jedoch die Befugnis.
Juli - November 2024:
Die Akquirierung von angekündigten neuen Sponsoren seitens Mehmet Eser und Thomas Platzer bleiben leider aus. In Ergänzung dazu springen aufgrund des vorausgegangenen personellen Chaos im Vorstand des KFC (gescheiterter dasbob-Deal, Intermezzo Marc Schürmann und Ilja Ludenberg, abgesprungener Investor, Verhaftung Gummert etc.) immer mehr Bestandssponsoren beim KFC ab. Die Folge: Die Einnahmen des KFC reduzieren sich dramatisch. Die durch Thomas Platzer einberufenen neuen Vorstandsmitglieder Röthig und Kahstein, die ebenso mit vielversprechenden Sponsorenvermittlungen vor Amtsantritt geworben haben, versuchen mit den Gläubigern eine Sanierungsquote hinzubekommen, die es dem Verein ermöglicht, eine Fortführungsprognose zu verfolgen. Erfolgsmeldungen oder Fortschritte bei diesem Vorhaben bleiben aber auch hier gegenüber dem Verwaltungsrat aus. Vielmehr macht das Duo mit einem ausgeprägten Informationsdefizit und u.a. einer juristischen Klage gegen das Vereinsradio von sich reden und steht in der Kritik.
September 2024 bis Dezember 2024:
M-Soccermanagement bezahlt teilweise und später komplett die Nettogehälter der Spieler der Regionalligamannschaft als Darlehen (ohne Vertragsgrundlage), da dem Verein keine bzw. kaum finanzielle Mittel mehr zur Verfügung stehen. Der Schuldenberg wächst innerhalb von 5 Monaten auf über 1,2 Mio. und hochgerechnet bis zum Saisonende auf 1,6 bis 1,8 Mio. EUR an.
November 2024:
Das Autohaus Herbrand wird am Tag einer gemeinsamen Sitzung von Vorstand, Verwaltungsrat und Ehrenrat, in der man sich für die anstehenden Herausforderungen gemeinsam einschwören wollte, von Thomas Platzer als neuer Hauptsponsor bekannt gegeben. Der Verwaltungsrat zieht daraufhin das Misstrauensvotum gegenüber Platzer zurück und verzichtet auf eine außerordentliche Mitgliederversammlung. In den folgenden Tagen und Wochen bleibt jedoch ein Vertragswerk zu diesem Sponsoring aus. Weder die Vorstandsmitglieder noch der Verwaltungsrat haben einen Vertragsentwurf erhalten. Einige Wochen später stoppte Mehmet Eser dann den Deal aufgrund der aktuellen Mehrheitsverhältnisse im Vorstand und dem Misstrauen gegenüber den Vorstandskollegen Röthig und Kahstein.
November 2024:
Der Verwaltungsrat gibt intern bekannt, sich der Verantwortung der negativen Entwicklung des Vereins in den letzten Jahren zu stellen und tritt geschlossen zur nächsten ordentlichen Mitgliederversammlung zurück, um den Weg freizumachen für einen neuen Verwaltungsrat.
Dezember 2024:
Vorwürfe werden seitens Mehmet Eser und Thomas Platzer laut, dass eingenommene Gelder aus dem ausverkauften Heimspiel gegen den MSV Duisburg verschwunden sind. Eine detaillierte Prüfung durch den Verwaltungsrat, Mitglieder des Ehrenrats, der Steuerberatungsgesellschaft, die in letzter Instanz durch einen unabhängigen Wirtschaftsprüfer bestätigt wurde, zeigen auf, dass sämtlich erwarteten Einnahmen aus Ticketverkäufen und Catering vorhanden waren.
Dezember 2024 bis heute:
Alle Beteiligten verlieren sich in Vorwürfen, Beschuldigungen und man hat das Gefühl, niemand nimmt sich den eigentlichen wirklichen (finanziellen) Problemen des Vereins an. Ein neuerlicher Insolvenzantrag ist bei dem vorliegenden Schuldenstand nicht mehr zu verhindern. Das Finanzamt Krefeld kommt dem KFC zuvor und meldet diesen an. Während dieser Zeit kristallisiert sich eine Gruppe von dem KFC nahestehenden Geschäftsleuten heraus, welche dem Verein in Falle einer erneuten Insolvenz einen Neustart ermöglichen wollen. Alle Personen haben bisher noch kein Amt in Gremien des Vereins ausgefüllt.
Die Zusammenfassung ist selbstverständlich keine vollständige Abarbeitung aller relevanten Ereignisse rund um unseren Verein – da gab es noch sehr viele andere - aber ich denke das ist eine treffende Auflistung von Fakten, die unmittelbar mit der immer schlechter werdenden finanziellen Situation unseres Vereins in Relation stehen.
Vergessen dürfen wir auch nicht die Spieler unserer aktuellen Regionalliga-Mannschaft, die trotz der fortlaufenden Querelen und Probleme innerhalb des Vereins trotzdem immer wieder beeindruckende sportliche Leistungen auf den Platz bringen. Jeder Spieler, der mit einem Verein einen Vertrag aushandelt, sollte davon ausgehen können, dass der Verein die damit verbundenen finanziellen Verpflichtungen auch bedienen kann. Für die Tatsache, dass mein Herzensverein dem erneut nicht gerecht werden kann, schäme ich mich. Das gilt auch für alle anderen Gläubiger, die nun auf Geld, was ihnen eigentlich zusteht, zumindest zu einem Großteil verzichten müssen.
Im Vergleich zur letzten Insolvenz, bei der wir mit Herrn Ponomarev unseren unzweifelhaften Sündenbock hatten, hat sich unser Verein dieses Mal durch eigenes Missmanagement des Vorstands (und folglich auch durch die misslungenen Berufungen durch den Verwaltungsrat) wieder in eine Insolvenzsituation gebracht. Egal wie die Vorstandsmitglieder hießen: niemand konnte dieser Entwicklung entgegenwirken. Auch mir selbst werfe ich vor, bei meinem Rücktritt aus dem Vorstand im Mai 2021, nachdem wir die Saison 2020/21 mit ca. +/- 0 abgeschlossen hatten, nicht eindeutiger auf die viel zu teure Kaderplanung für 2021/22 (erste Oberligasaison) hinzuweisen. Denn da fing es schon an, in eine falsche Richtung zu gehen. Letztlich tragen alle involvierten Akteure für diese Schande eine Teilschuld. Daher mein Appell: Neuanfang! Und zwar komplett! Mit neuen Gesichtern und Personen, die durch Ihre Lebensläufe bereits bewiesen haben, dass sie die notwendige wirtschaftliche und soziale Kompetenz mitbringen.