Nach dem Sieg in Leverkusen war dieser Traum wieder da: Er, auf der großen Bühne am Borsigplatz, in den Händen die Meisterschale, vor ihm ein schwarz-gelbes Fahnenmeer. Schon in seiner Kindheit hatten ihn, den kleinen Kevin, diese Bilder begleitet und jetzt also kamen sie wieder hoch. Nach dem 3:1-Sieg in der Bay-Arena, durch den es dem BVB gelang, den bislang hartnäckigsten Konkurrenten im Titelkampf noch ein weiteres Stück zu distanzieren, darf in Dortmund geträumt werden.
13 Punkte beträgt der Abstand nun also schon auf die Werks-Elf, und so durfte nicht nur der Held des Abends vom ganz großen Wurf träumen, mit ihm taten es auch die Fans der Borussia, die wieder einmal eine Elf gesehen hatte, die erst geduldig wartete, den Gegner dann überrollte und schließlich leidenschaftlich kämpfte, um den Sieg über die Zeit zu retten.
Am Samstagmorgen nun schlurfte Kevin Großkreutz aus der Kabine am Trainingsgelände der Borussia in Brackel, mit Ringen um die Augen und bot nicht gerade ein Bild von jugendlicher Frische. Freilich lag dies aber nicht daran, dass er den Sieg am Abend zuvor mit alten Freunden begossen hätte, viel mehr raubten ihm die so frischen Emotionen den Schlaf. „Ich war aufgewühlt und lag bis vier Uhr wach“, berichtete der Doppeltorschütze, der seine Elf mit den Treffern zum 1:0 und 2:0 auf die Siegerstraße gebracht hatte und über die kompletten 90 Minuten läuferisch und kämpferisch vorweg ging.
Wie anders hatte das noch gegen Ende der Hinrunde ausgesehen. Platt wirkte der Mittelfeldspieler da, ausgepowert, müde. Zwar widersprach er diesem Eindruck auch am Samstag noch vehement, wie wichtig die Physis für ihn ist, das aber hatte er am Abend zuvor gezeigt. Wenn er topfit ist, dann ist er kaum zu halten, dann geht er weite Wege und steht schließlich da, wo er stehen muss.
Die Akkus aufgeladen hat Großkreutz übrigens in Brasilien, wo er den Winterurlaub gemeinsam mit seinem Mannschaftskollegen Dédé verbrachte. Mit dem Spieler also, der ihm als Mitglied der Meistermannschaft von 2002 ganz genau berichten kann, wie es sich auf der großen Bühne am Borsigplatz anfühlt, mit der Meisterschale in den Händen, vor sich ein schwarz-gelbes Fahnenmeer.