Beim feierlichen Neujahrsempfang der Deutschen Fußball Liga forderte Reinhard Rauball die rund 300 Gäste aus Sport und Politik zunächst zu "mehr Gelassenheit" auf, ehe er wegen der stockenden Ermittlungen im Wettskandal und des Terroranschlags auf das Nationalteam Togos beim Afrika-Cup überraschend zum Rundumschlag ausholte.
"Die Geschehnisse beim Afrika-Cup waren ein furchtbarer terroristischer Akt. Wir können die Sache nicht so bewerten, dass die Sache in Südafrika ganz anders wird als in Angola. Dort ist vor 15 Monaten am Rande einer offiziellen FIFA-Veranstaltung ein Mensch umgebracht worden", sagte Rauball am Montag in Frankfurt/Main. Rauball sprach damit den Tod des früheren österreichischen Profis Peter Burgstaller an, der am 23. November 2007 auf einem Golfplatz in der Nähe von Durban ermordet worden war.
Dass nun auch die deutschen Nationalspieler wie Keeper Rene Adler ihre Familien bei der WM 2010 bedroht sehen, bereitet Rauball extreme Probleme: "Wir müssen uns Gedanken machen, wenn Spieler jetzt schon ihren Familien-Angehörigen davon abraten, nach Südafrika zu reisen. Vor dem Hintergrund dieser Vorfälle kann man nicht alleine von einer Vorfreude auf ein Fußball-Fest in Afrika sprechen." Der Terroranschlag auf die Nationalmannschaft Togos war nach dem schwierigen Jahresende 2009 mit dem Selbstmord von Robert Enke und dem Ausbruch des Wettskandals ein weiterer Tiefschlag für den internationalen Fußball.
Reinhard Rauball (Foto: firo).
Auf nationaler Ebene nahm sich Rauball einmal mehr die Staatsanwaltschaft Bochum vor, der er zwischen den Zeilen bei der Aufarbeitung des Wettskandals Sensationsgier vorwarf. "Die Staatsanwaltschaft hat bei Bekanntwerden des Wettskandals in einer medienwirksamen Pressekonferenz von einer Spitze des Eisbergs gesprochen. Wenn ich die derzeitige Bilanz der Ermittlungen sehe, kann die These von der Spitze des Eisbergs aber so nicht stehen bleiben. Ich kann nicht erkennen, dass es bislang irgendwelche Erweiterungen des Skandals gegeben hat", sagte Rauball.
Die Staatsanwaltschaft Bochum hatte Ende November den größten Wett- und Manipulationsskandal in der Geschichte des europäischen Fußballs öffentlich gemacht. In Deutschland sollen mindestens 32 Spiele von der 2. Bundesliga bis in den Juniorenbereich manipuliert worden sein. In sechs europäischen Ländern sind Erstligaspiele betroffen, zudem sollen zwölf Partien der Europa League sowie drei Champions-League-Spiele verschoben worden sein. Insgesamt stehen mehr als 200 Spiele in neun Ländern unter Manipulationsverdacht. "Nach unseren Erkenntnissen ist kein Spiel der Bundesliga betroffen, einige wenige Spiele der 2. Bundesliga stehen unter Verdacht. Jedes manipulierte Spiel ist natürlich eins zu viel, aber die Betrüger werden die ganze Härte des Gesetzes und auch der Sportgerichtsbarkeit zu spüren bekommen", sagte Rauball.
Zudem attackierte der Ligaverbands-Boss die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG). Die DPolG hatte wegen der Ausschreitungen rund um die Stadien gefordert, dass der Fußball die Einsätze der Polizei bei Fußballspielen mit Millionensummen subventioniert. "Es kann nicht sein, dass die Gewerkschaft dem Fußball einen Freundschaftspreis in Höhe von 50 Millionen Euro anbietet. Das ist Aufgabe des Staates, nicht des Sports", sagte Rauball.
Positive Neuigkeiten hatte zumindest die Bundesliga-Stiftung zu vermelden. Im Rahmen des Neujahrsempfangs wurden am Montag den ersten sieben Kuratoren Ernennungsurkunden verliehen: Fußball-Idol Günter Netzer, TV-Legende Fritz Pleitgen, adidas-Chef Herbert Hainer, Fecht-Olympiasiegerin Britta Heidemann, Reck-Weltmeister Eberhard Gienger sowie die Ehrenmitglieder des Ligaverbandes, Gerhard Mayer-Vorfelder und Wilfried Straub, wurden für ihr Engagement für die Stiftung geehrt.