Erik Wegener, geht es Ihnen jetzt besser?
Zumindest kommen diese Alpträume nicht mehr hoch, die mich in Person von Patrick Andersson jahrelang verfolgt haben. Noch Wochen und Monate danach bin ich morgens mit Bildern des Freistoßtores aufgewacht. Keiner, der am 19. Mai 2001 im Stadion war, wird diese Momente jemals ganz vergessen können. Sie gehören zur Schalker Geschichte wie die drei Abstiege und der UEFA-Cup Sieg 1997.
Welche Erinnerungen verbinden Sie persönlich mit dem Trauma aller Schalke-Fans?
Ich habe dieses Spiel auf der Gegengerade verfolgt. Das Glücksgefühl hielt sich bei mir höchstens für drei bis vier Sekunden. Die ganze Szenerie war total surreal, deshalb konnte man es gar nicht richtig begreifen. Hinzu kommt die bodenlose Ungerechtigkeit, mit der mit der man uns Schalkern diesen Titel entrissen hat.
Sie leben in München, haben damals für ein großes Wirtschaftsmagazin berichtet. Wie sind Sie nach Ihrer Rückkehr aus Gelsenkirchen mit dem Thema umgegangen?
Ich wollte nicht darauf angesprochen werden. Ich bin dem Thema aus dem Weg gegangen und habe es vermieden, wo immer ich konnte. Ich musste mit dem Schmerz alleine klar kommen und konnte meine Verletztheit nicht nach außen Preis geben. Es war das Gefühl wie bei dem Verlust einer großen Liebe.
Gab es Häme?
Die gab es. Aber die war nicht so schlimm. Beim Heimspiel gegen Bayern in der Saison danach haben Schalke-Fans ein Transparent mit der Aufschrift: 'Unseren Traum habt ihr uns genommen - unseren Stolz erreicht ihr nie' aufgehängt. Dieser Spruch trifft es ziemlich genau. Die Häme prallte an mir ab. Schalke steht für Authentizität, für Tradition, für Fußballarbeit. Da können die Bayern machen, was sie wollen. Da kommen sie nicht heran. Und ich hatte auch ein schönes Erlebnis. Ein guter Freund hat sich fast für die Meisterschaft geschämt, als er mich leiden sah. Er hatte verstanden, was dieser Titel uns bedeutet hätte.
Wird Schalke in Ihrem Roman Deutscher Meister?
Ich will nicht zu viel verraten. Aber als meine Romanfigur Niko mit seinen durch ihn entführten 11 Feinden in einer Kaserne einige Zeit auf engstem Raum zusammen ist, nimmt die Geschichte eine überraschende Wendung.
Und in Wirklichkeit?
Hoffe ich auf einen Sieg am Samstag gegen den Erzfeind. Das Schalke-Gefühl ist wieder da, deswegen fahre ich guter Dinge in die Allianz-Arena. Das mit der Schale können wir uns in den nächsten Jahren zwar abschminken. Der Neuaufbau der Mannschaft wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Aber wir können ja warten. Und wir werden warten.
Auszug aus "11 Feinde" Alle Schalker wollen das noch erleben, irgendwann: die Meisterschaft. Auch Niko Malente ist so ein Besessener. Schalke 04 ist sein Mantra. Er richtet sein ganzes Leben nach dem Revierklub aus. Den letzten Meistertitel holten die Knappen 1958. Niko findet: Die Schale muss endlich wieder nach Gelsenkirchen. Aber wie? Mit seiner Passion für den S04 lebt Niko in der falschen Stadt: ausgerechnet in München. Von hier aus dominiert der verhasste FC Bayern das Land, Nikos 11 Feinde. Unerwartet ist Schalke im Mai 2001 ganz nah dran am Titel. Doch es wird wieder nichts. Als die Duselcombo der Bayern den Königsblauen in allerletzter Sekunde ihren Lebenstraum zerstört, dreht Niko durch. Er will Rache. Niko entführt den Mannschaftsbus des FC Bayern samt allen Spielern! Gemeinsam mit Anton, einem arbeitslosen Löwenfan, hält er die Roten in einer thüringischen Kaserne gefangen. Einen echten Plan, wie es weitergehen soll, haben sie aber nicht.
Erik Wegener 11 Feinde, Schalke-Roman Kunst- und Textwerkverlag München ISBN: 978-3-937000-19-0 208 Seiten, Paperback, 9,80 Euro