"Das ist die Ironie des Schicksals. In den letzten Jahren lagen die Spiele gegen Schalke immer in der Woche. Deshalb konnten wir für den Erhalt der Fanfreundschaft nicht viel tun und sie hat ein wenig gelitten. Nürnberg gegen Schalke am letzten Spieltag, das ist eigentlich das, wovon wir jahrelang geträumt haben", dachte Thomas Zirngibl, Vositzender des Nürnberger Fanverbands, hätten es diesmal besonders gut mit den beiden Altmeistern gemeint.
Schon im Dezember hatte der Vorsitzende des Nürnberger Fanverbandes deshalb die direkt neben dem Stadion liegende Eishalle für die langjährigen Weggefährten aus dem Westen angemietet. Es sollte auch so eine Art Wiedergutmachung für die Freunde aus Gelsenkirchen werden, denen FCN-Fans beim Ligapokalspiel im Juli des vergangenen Jahres nach der verpassten Meisterschaft erstmals mit Schmährufen begegneten. Ein echter Kulturschock für Fußballnostalgiker in Blau-Weiß und Schwarz-Rot. Seitdem hat die nunmehr 26 Jahre bestehende Liaison, die bereits seit einigen Jahren bröckelt, auch nach außen ihren ersten Riss.
Indizien gab es indes schon vorher. Schalke hat seine Freundschaftsschals mit dem Logo beider Vereine wegen mangelnder Nachfrage bereits vor zwei Jahren aus dem Sortiment genommen und den Restbestand für fünf Euro verramscht. In Nürnberg dagegen gibt es sie noch. Doch die Frage ist, wie lange? Denn bei entsprechendem Spielausgang könnten sich auch an der Noris schon bald nur noch Romantiker an das über Jahrzehnte ungeschriebene Gesetz in der Bundesliga erinnern, dass man als Schalke-Fan auch automatisch den Club in sein Herz zu schließen habe - und umgekehrt.
"Auf der einen Seite bestehen weiterhin unzählige intensive Kontakte zwischen Fan-Clubs, die auf einem breiten Fundament stehen und auch gepflegt werden. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass diese durch ein Spiel zerstört werden können. Zumal die Fans ja wissen, dass die Spieler für die Situation ganz alleine verantwortlich sind", ist sich Neumann, selbst ein Verfechter der Fanfreundschaft, nicht ganz sicher, wie es weiter geht. "Aber auf der anderen Seite haben viele der Jüngeren und auch die Ultras mit Schalke nicht mehr viel am Hut. Ich weiß nicht, wie die reagieren, sollten Schalkes Fans über einen Sieg jubeln, der uns in die zweite Liga schickt."
Seit Schalke im Zuge des sportlichen und wirtschaftlichen Aufschwungs nicht mehr mit Nürnberg auf Augenhöhe agiert, haben die Königsblauen eben auch in Franken den Geruch des neureichen Onkels an sich. Und der wird bestenfalls geduldet, aber nicht mehr so richtig geliebt.
Bereits im März, als sich das dramatische Saisonfinale abzeichnete, hat Zirngibl die Eishalle wieder storniert. Auch eine für Freitagabend geplante gemeinsame Veranstaltung für Fans beider Vereine wurde abgesagt. "Keiner kann vorhersagen, wie sich die Anhänger in dieser Extremsituation verhalten werden. Diese Verantwortung wollte ich nicht übernehmen", sagt Zirngibl. "Wir bitten unsere mit dem Sonderzug anreisenden Freunde aus Gelsenkirchen um Verständnis, dass wir das Risiko nicht eingehen können. Sollten wir nicht absteigen, kann immer noch spontan gefeiert werden", hofft Bergmann auf eine günstige Fügung.
Auf der anderen Seite macht es Rolf Rojek "schon ein bisschen Sorgen, dass das Spiel in einer solchen Situation stattfindet", gibt Schalkes Fanbeauftrager zu. Er findet es verständlich, dass den Club-Fans nicht zum Feiern zu Mute ist. Dennoch hofft Rojek, dass die Fanfreundschaft mit den Franken überleben wird. "Wir sollten die Gefühle der FCN-Fans respektieren. Aber ich wünsche mir auch, dass die Nürnberger fair mit der Situation, sollte sie denn eintreten, umgehen werden."
Er selbst wird zwei Stunden vor dem Spiel mit Olaf Thon zu einem Fantreff des 1.FC Nürnberg fahren. Dort erhält der Eurofighter einen Mitgliedsausweis für den "Club". Die Einlösung eines Versprechens aus dem Hinspiel. Eine schöne Geste, aber ob es die Fans interessiert?