7200 Fans waren zu dem alten West-Schlager gekommen und das Publikum sollte sein Kommen nicht bereuen. Denn von Beginn an bekamen die Zuschauer einen echten Pokalfight zu sehen.
Die Gäste aus dem Bergischen legten los wie die Feuerwehr und kamen schon frühzeitig zu einer Doppelchance. Zuerst scheiterte Tom Moosmayer (7.) mit einem Freistoß an RWE-Keeper Dennis Lamczyk, dann hatte Michael Holt (7.) bei einem Schussversuch Pech, den Lamczyk ebenfalls entschärfen konnte. „Für solche Dinge bin ich doch geholt worden. Das ist die Aufgabe eines Torhüters“, gab sich der Essener Schlussmann nach dem Abpfiff dennoch bescheiden. Beim Freistoßversuch von WSV-Kapitän Björn Weikl (11.) musste Lamczyk allerdings sein Können nicht unter Beweis stellen, denn dieser ging knapp am Tor vorbei.
Diese drei brandgefährlichen Szenen des Regionalligisten rüttelten den Underdog aber richtig auf und dieser zeigte endlich, warum er das Tableau der NRW-Liga anführt. Erst verpasste Alexander Thamm (27.) nach einem gut geschossenen Freistoß Cedric Vennemanns noch die Führung für die Hausherren, doch diese sollte zehn Minuten später fallen. Im Anschluss an eine Ecke und jede Menge Chaos in der WSV-Defensive brachte Lukas Lenz sein Team mit einer Mischung aus Seitfall- und Fallrückzieher in Front. Niemand wusste so recht, wie der Knipser den Treffer erzielt hatte, doch im Endeffekt stand es 1:0 für die Rot-Weissen. „Da waren wir völlig planlos und unorganisiert. Das darf einfach nicht passieren“, ärgerte sich WSV-Coach Michael Dämgen.
Die Unzufriedenheit des Ex-Esseners – Dämgen war unter Fritz Fuchs Co-Trainer an der Hafenstraße – sollte in der 43. Spielminute sogar noch größer werden. Wieder war es Lenz, der einen Schnitzer in der WSV-Abwehr ausnutzte und per Lupfer die 2:0-Führung besorgte. Dämgen: „Das Spiel war in diesem Moment auf den Kopf gestellt. Unser Konzept war völlig über Bord geworfen.“ Sein Gegenüber Waldemar Wrobel sah dies natürlich ganz anders. „Wir haben uns schnell von den schwachen ersten 15 Minuten erholt und waren danach sehr präsent. Wuppertal hatte zwar mehr Ballbesitz, war jedoch nicht zwingend genug. Das Resultat ist vielleicht um ein oder zwei Tore zu hoch. Doch es geht völlig in Ordnung, dass der Sieger Rot-Weiss Essen heißt. Ich konnte über die ganz Spieldauer keinen Klassenunterschied erkennen.“
Eine Einschätzung, der kaum widersprochen werden kann. Zwar konnten die Gäste kurz nach Wiederanpfiff durch Jerome Assauer (54.) auf 1:2 verkürzen, doch im Endeffekt sollte dieser Treffer nur zur Ergebniskosmetik dienen. Denn der eingewechselte Essener Winter-Zugang Benedikt Koep machte mit seinem Doppelpack (85., 90.+2) den Halbfinal-Einzug für RWE und seinen Traumeinstand vor heimischem Publikum perfekt. „Es ist einfach überwältigend vor solch einer Kulisse zu spielen, zu gewinnen und zu treffen“, schwärmte der Ex-Klever. RWE trifft im Halbfinale auf den ambitionierten Niederrheinligisten TuRU Düsseldorf, der sich im Viertelfinale beim Landesliga-Vertreter Union Nettetal mit 3:1 durchsetzte.
Ganz anders natürlich die Stimmung bei den Wuppertalern. Stefan Lorenz, der das Pokal-Aus seiner Kollegen gemeinsam mit Bruder Michael von der Tribüne aus verfolgte, zeigte sich angefressen. „Wenn du so körperlos agierst, dann brauchst du dich nicht zu wundern, wenn du in Essen untergehst.“ Und WSV-Boss Friedhelm Runge fasst abschließend zusammen: „Wir hatten in Münster unsere Generalprobe für Essen. Die sah ganz ordentlich aus. Doch an diesem Tag war die Leistung mindestens eine Etage schlechter. Wir haben nun im dritten Jahr hintereinander ein Niederrheinpokal-Spiel in Essen verloren. Die Enttäuschung ist riesengroß.“