Der Pfiff in der 93. Minute von Schiedsrichter Andris Treimanis muss Alexander Nübel wie eine Erlösung vorgekommen sein. Er ballte die Hände zu Fäusten, stieß einen Schrei aus und umarmte seinen Teamkollegen Timo Baumgartl. Zuvor hatten sich der Torwart des FC Schalke 04 und seine U21-Mitspieler zu einem glücklichen 1:1-Unentschieden gegen Österreich gezittert.
Nübel verschuldete dabei erst einen Elfmeter, der zum 1:1 führte, war dann aber zweimal der Garant für das Remis. Damit steht fest: Die deutsche U21-Nationalmannschaft zieht als Gruppensieger mit sieben Punkten ins Halbfinale der Europameisterschaft in Italien und San Marino ein – auch das Ticket für Olympia 2020 ist gebucht. „Wir fühlen uns als Mannschaft gut, haben Spaß und daraus schöpfen wir immer wieder Kraft“, erklärte Luca Waldschmidt vom SC Freiburg.
Deutschland tut sich schwer
U21-Trainer Stefan Kuntz hatte schon vor dem Anpfiff angekündigt, das Duell mit dem Nachbarn nicht auf die leichte Schulter nehmen zu wollen. Und so war es auch nicht überraschend, dass zu Beginn dieselbe Startformation wie beim 6:1-Kantersieg über Serbien auflief. Unter den Augen von DFB-Direktor Oliver Bierhoff taten sich die deutschen U21-Jungs in den ersten zehn Minuten jedoch extrem schwer gegen kompakt verteidigende Österreicher. In der 13. Minute war es auch der Underdog, der die erste gefährliche Gelegenheit der Partie hatte. Nach einer Flanke von Husein Balic verpasste Sasa Kalajdzic den Ball nur haarscharf.
Die Antwort des Favoriten war dann nur eine Zeigerumdrehung später standesgemäß: Luca Waldschmidt fand keine Anspielstation und wusste sich nur damit zu helfen, den Ball aus 25 Metern in den Winkel zu schießen – aus dem Nichts das 1:0 für Deutschland. „Ich hab’ gerade keinen gesehen, der frei war, aber das leere Tor. Dann habe ich mir gesagt: ,Zieh mal ab.’ Das hat ganz gut geklappt“, sagte Traumtorschütze Waldschmidt hinterher. Fehler und Glanztaten von Schalke-Torwart Nübel
Doch die deutsche Führung sollte nicht lange halten. In gewohnter Tradition bei dieser EM-Endrunde verschuldete ein deutscher Spieler auch in der dritten Partie in Folge einen berechtigten Elfmeter. Dieses Mal war es der Schalker Nübel, der Österreich-Stürmer Kalajdzic beim Abfangen einer Flanke mit dem Knie am Kopf erwischte. Kevin Danso vom FC Augsburg verwandelte zum 1:1 (24.) und belohnte seine Mannschaft für eine couragierte Leistung, die noch besser werden sollte.
Nachdem Marco Richter (31.) aus spitzem Winkel besser abgespielt hätte, war es Nübel, der seinen Fehler vor dem Ausgleich wieder gut machte. Der Schalke-Torwart parierte einen Kopfball des sehr präsenten Kalajdzic aus wenigen Metern bärenstark. In der Folge waren es fast ausschließlich die Österreicher, die gefährlich nach vorne spielten. In der Nachspielzeit der ersten Halbzeit hatte die DFB-Auswahl dann mächtig Dusel: Nübel unterlief eine Flanke von Sascha Horvarth und dann war es wieder Kalajdzic mit der Chance, doch sein Kopfball platschte nur an den Pfosten.
Nach der Pause war es dann wieder Nübel, der die Führung für Österreich mit einer glänzenden Fußabwehr im Duell mit Husein Balic verhinderte. Kurz zuvor hatte Trainer Kuntz auf die schwache Leistung seiner Mannschaft mit einem Doppelwechsel (Nadiem Amiri für Richter, Suat Serdar für Florian Neuhaus) reagiert. Die Österreicher gingen in der Folge aufgrund des drohenden Ausscheidens höheres Risiko und standen wesentlich höher als noch zu Beginn der Partie. Der deutschen U21 boten sich deswegen mehr Räume für Konter, die letztlich aber nicht zum Erfolg führten. Doch spätestens ab Minute 65 wurden die Kraftreserven des ÖFB immer weniger und Deutschland konnte das 1:1-Remis über die Zeit zittern.
Italien oder Frankreich möglich
Torschütze Waldschmidt fand lobende Worte für den Gegner: „Die Österreicher waren von Anfang direkt voll dran. Sie haben es uns richtig schwer gemacht, keinen Platz gelassen.“
Auf wen die Deutschen nun im Halbfinale treffen werden, hängt noch von den Ergebnissen des letzten Spieltags (Montag, 21 Uhr) aus der Gruppe C ab. Mögliche Gegner der DFB-Auswahl: Gastgeber Italien, Mitfavorit Frankreich oder die Überraschungsmannschaft Rumänien.