"Für die Iren geht es um die letzte Chance. Die werden mit viel Herz und Leidenschaft auftreten", erklärte der Bundestrainer vor dem Abflug am Freitagvormittag von Berlin auf die grüne Insel, wo die deutsche Elf bereits mit einem Remis die Fahrkarte für die EURO 2008 in Österreich und der Schweiz (9. bis 27. Juni) lösen kann.
Der 47-Jährige rechnet mit einem aufopferungsvoll kämpfenden Gegner, der seiner Mannschaft vor rund 80.000 Zuschauern im ausverkauften Croke Park einen heißen Tanz prophezeit. "Das wird ein ganz hartes Spiel. Wir müssen an unsere Grenzen gehen", meinte der DFB-Coach. Auch Teammanager Oliver Bierhoff betonte nach der Ankunft im noblen Four Seasons Hotel, dass die Iren sehr heimstark seien und "uns alles abverlangen werden".
Der ehemalige DFB-Kapitän setzt aber auch auf die Unterstützung der 6000 mitgereisten Fans, "denen wir ebenso wie unseren Anhängern in Deutschland verpflichtet sind. Wir wollen vor dem nächsten Spiel am Mittwoch in München gegen Tschechien Klarheit haben".
Deshalb stimmte Löw sein Team auch intensiv auf das Match ein, zumal er den Gegner derzeit für spielstärker als England und Wales hält, wo der WM-Dritte zuletzt Auswärtssiege verbucht hatte. Dass die Iren der DFB-Auswahl zum Auftakt der EM-Qualifikation am 2. September vergangenen Jahres alles abverlangt hatten, ist Löw, der damals in Stuttgart sein erstes Pflichtspiel als Bundestrainer bestritten hat, noch in bester Erinnerung. "Wir haben uns damals sehr schwer getan. Da lief bei weitem noch nicht alles rund. Aber wir haben uns natürlich sehr gefreut, dass wir am Ende 1:0 gewonnen haben", erinnerte sich der Klinsmann-Nachfolger, der in der Folgezeit eine kontinuierliche Steigerung seiner Mannschaft verfolgt und nur eine Niederlage im Test mit einer B-Elf gegen Dänemark kassiert hat. Deshalb ist Löw trotz des gebotenen Respekts vor dem Gegner insgesamt auch optimistisch.
"Die Mannschaft ist noch enger zusammengewachsen und hat vor allem auswärts überzeugende Leistungen geboten. Wir haben gelernt, auswärts dominant aufzutreten und aktiv zu sein statt zu reagieren, deshalb bin ich auch für Dublin zuversichtlich", sagte der Chefcoach und erinnerte an die Spiele in der Slowakei (4:1) Tschechien (2:1) und vor allem England (2:1). Auch Bierhoff machte klar, dass der WM-Dritte in sich gefestigt ist: "Wir haben ein großes Selbstbewusstsein und wollen unsere Serie fortsetzen."
Ein wesentlicher Grund für die Leistungssteigerung sei, dass die Mannschaft und vor allem auch die 14 Spieler, die unter Löw zur Nationalmannschaft gestoßen sind, die Philosophie grundsätzlich verinnerlicht hätten, was die Arbeit für das Trainerteam erleichtert, vor allem, wenn wie schon in der Vergangenheit wieder wichtige Bausteine wie Klose, Lahm, Schneider oder Ballack ausfallen. Bierhoff sagte deshalb, dass es derzeit vor Länderspielen unabhängig von der Anzahl der Verletzen nur noch um die Feinjustierung gehe.
Dabei muss Löw auch vor dem viertletzten Auftritt in der EM-Quali bis zum Schluss an der Anfangsformation feilen, die er erst nach dem Abschlusstraining am Freitagabend festlegen wollte. Noch unklar war, ob neben Kevin Kuraniy Münchens Edelreservist und DFB-Torjäger Lukas Podolski oder "Fußballer des Jahres" Mario Gomez anstelle des verletzten Miroslav Klose stürmen wird. Für beide Varianten hatte Löw Pro und Kontra parat. Nach den Ausfällen von Bernd Schneider und Roberto Hilbert dürfen sich zudem "Sprinter" David Odonkor und Clemens Fritz Hoffnungen auf einen Einsatz im rechten Mittelfeld machen, links streiten Piotr Trochowski und Simon Rolfes um eine freie Stelle. Klar ist dagegen, dass die bewährte Abwehrkette mit Arne Friedrich, Christoph Metzelder, Per Mertesacker und Marcell Jansen den Laden dicht halten soll, Bastian Schweinsteiger und vor allem Torsten Frings als Kapitän in der Zentrale die Fäden ziehen sollen. "Torsten fehlt zwar noch etwas Spielpraxis, aber ihm ist im Training Motivation und Freude richtig anzumerken. Er ist sehr wertvoll für uns", sagte der Bundestrainer, der auf einen goldenen Oktober hofft und zudem auf eine persönliche Bestmarke. Denn noch nie gelang einer DFB-Auswahl, bereits am viertletzten Spieltag der Quali das Ticket für ein großes Turnier zu lösen. "Ungeachtet der Verletztenliste wollen wir das EM-Ticket lösen, um schon frühzeitig Planungssicherheit zu haben", so Löw.
Ganz anders schaut die Lage bei den Iren aus. "Sie müssten gegen uns gewinnen und dann vier Tage später auch gegen Zypern. Und sie müssen dann darauf hoffen, dass wir am nächsten Mittwoch Tschechien schlagen. Dann könnten sie die Tschechen im November noch abfangen", rechnete Löw vor.