Rekord-Torschütze Cristiano Ronaldo hat mit Portugal den märchenhaften Lauf von Wales beendet und darf vor dem EM-Finale gegen Deutschland oder Frankreich nun vom ersehnten Titel träumen. Mit einem Treffer und einer Vorlage führte Ronaldo sein Team beim 2:0 (0:0) gegen den tapferen Turnier-Debütanten ins zweite Endspiel nach 2004 und entschied das Superstar-Duell mit Gareth Bale für sich.
Per Kopf egalisierte der 31-Jährige am Mittwoch in Lyon mit seinem neunten EM-Treffer den Torrekord von Michel Platini (50. Minute) und legte auch das 2:0 von Nani drei Minuten später auf. Damit können die Portugiesen, die vor zwölf Jahren gegen Griechenland im Heim-Endspiel den ersten Triumph noch verpassten, nun entspannt das Duell des Teams von Joachim Löw mit Gastgeber Frankreich verfolgen. Die Fans der Waliser verabschiedeten ihr Team vor 55 679 Zuschauern trotz der Niederlage mit Applaus und lauten Gesängen.
Bale gegen Ronaldo - das Duell der beiden teuersten Fußballer der Welt hatte die Fans seit Tagen elektrisiert. Und die beiden Superstars von Real Madrid standen vor 55 679 Zuschauern im Stade de Lyon in einem intensiven Spiel gleich im Mittelpunkt. Zunächst Ronaldo, weil er sich zweimal im Unrecht sah. Erst wurde ihm ein Freistoß in aussichtsreicher Position nach einer Grätsche von Ashley Williams verwehrt (3.). Dann bekam er einen Elfmeter nicht zugesprochen, nachdem James Collins in Catcher-Manier bei einem Kopfball-Duell zu Werke gegangen war (10.). Der Waliser hätte sich auch nicht über einen Strafstoß beschweren können. Ohnehin hatte CR7 einen schweren Stand. Meist wurde der Ausnahmespieler, der als erster Spieler zum dritten Mal in einem EM-Halbfinale stand, in doppelte Manndeckung genommen.
Die fußballerischen Akzente setzte im ersten Durchgang noch Bale, der erneut ein hohes Laufpensum aufwies und gleich an zwei guten Aktionen beteiligt war. In der 19. Minute kam der Mann aus Cardiff nach einer Ecke frei zum Schuss, der Ball ging aber knapp neben das Tor. Kurz darauf holte er sich tief in der eigenen Hälfte den Ball, sein anschließender Schuss war aber kein Problem für Torhüter Rui Patricio (23.). Immer wieder wurde Bale von seinen Mitspielern gesucht, auch weil der 26-Jährige kaum vom Ball zu trennen war.
Ein Spektakel war es aber nicht, auf die großen Torchancen warteten die Zuschauer lange vergebens. Die Portugiesen leisteten sich einige Fehlpässe im Spielaufbau. Bayerns zukünftiger Jungstar Renato Sanches war im Mittelfeld zwar sehr präsent, zeigte in seinem Spiel aber auch Ungenauigkeiten. So hatte die sicher stehende walisische Defensive kaum Probleme, die Angriffe zu unterbinden. Dabei hatte das Team von Trainer Chris Coleman die gelbgesperrten Aaron Ramsey und Ben Davies zu ersetzen, für das Duo waren Alex King und Collins ins Team gerückt.
Auch Portugal war nicht in Bestbesetzung angetreten. Der angeschlagene Abwehrchef Pepe wurde durch den 34-jährigen Bruno Alves ersetzt. Dazu spielte Danilo anstelle des gesperrten Mittelfeldspielers William Carvalho. Nur mühsam kam die portugiesische Selecao in dieser Formation zu kleineren Tormöglichkeiten. Joao Mario setzte einen Schuss neben das Tor (19.), dazu kam Ronaldo kurz vor der Pause zum Kopfball, wenngleich er den Ball nicht mehr richtig auf das Tor bringen konnte (44.).
War der dreimalige Weltfußballer im ersten Durchgang noch blass geblieben, zeigte er nach der Pause seine ganze Klasse. Nach einer Flanke des zukünftigen Dortmunders Raphael Guerreiro entwischte Ronaldo seinem Gegenspieler James Chester und traf per Kopf zur Führung. Und drei Minuten später war es Ronaldos Torschuss, den Nani mit einer Grätsche zum zweiten Tor veredelte. Damit hatte Portugal in nur 196 Sekunden die Weichen klar auf Final-Einzug gestellt.
Und es hätte nicht viel gefehlt, dann wäre Ronaldo die wohl endgültige Entscheidung gelungen. Ein 28-Meter-Freistoß des Kunstschützen verpasste nur knapp das Ziel (63.). Kurz darauf setzte Joao Mario außerdem den Ball knapp neben das Tor, nachdem Wales-Keeper Wayne Hennessey einen Nani-Schuss nur abprallen lassen konnte (66.). Die Waliser waren sichtlich geschockt von den Gegentreffern, Trainer Coleman versuchte durch drei Wechsel in acht Minuten neue Impulse zu setzen. Gegen die sichere Defensive der Portugiesen war aber kein Durchkommen mehr.