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EM: Zwischen den Polen
Chopin sieht rot. Weiß-rot!

EM-Kolumne: Zwischen den Polen - Chopin sieht rot
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Diese Woche war es endgültig ausgebrochen. Das Fußballfieber. Unter den Infizierten die polnische Hauptstadt. Erste Symptome erkennt man bereits bei der Ankunft.

Am Fryderyk-Chopin-Flughafen spielen Kinder, Businessleute und Sicherheitsbeamte Tischfußball, gleich daneben findet das Turnier an den Spielkonsolen statt. Sławek und Sławko, die mittelosteuropäische Verwandtschaft von Trix und Flix, begrüßen an jeder Ecke. Selbst die Wodkaflaschen im Duty-Free Shop hat man kleine weiß-rote Trikots angezogen. Wahnsinn!

Zwischenstopp am Kiosk, 10 Panini-Tütchen kaufen, schließlich fehlen noch knapp 100 Bilder. Sollte man die ersten Fieberindizien übersehen haben, weiß man spätestens dort, was Sache ist. Egal ob Tagesblätter, Nachrichtenmagazine, Kinder- oder Frauenzeitschriften. Fußball bestimmt die Covers, macht die Schlagzeilen. Selbst in den Männermagazinen scheinen die Bälle noch runder zu sein. „Fever! - in the morning, fever all through the night…”

Geheim-Tipp für Fans: 6. Etage des Kulturpalastes, große Fußballausstellung von Stefan Szczepłek, dem Grandseigneur unter den polnischen Sportjournalisten. Sie umfasst mehr als 100 einzigartige Trikots von Weltstars der vergangenen 40 Jahre – ein Muss für jeden Fußballfan. Ich durfte sie am Montag zusammen mit der polnischen Nationalmannschaft sehen. wystawapilkarska.pl/en/

Feel (like) at home - heißt es dann an den riesigen Plakaten rund um den Warschauer Zentralbahnhof. Zur sprachlichen Richtigkeit dieses Slogans gab es zwar bereits heiße Diskussionen, seine Botschaft ist jedoch klar: Fans fühlt Euch wie zu Hause. Mit „Gość w dom, Bóg w dom“ (dt. Gast im Haus, Gott im Haus) beschreibt man am besten die polnische Gastfreundschaft, die es nun zu genießen gilt. Einen kleinen Vorgeschmack davon gab es bereits in Danzig (Gdańsk): 11.000 Fans strömten zur Begrüßung der deutschen Nationalmannschaft, sangen wie ein Mann ein lautes „Sto lat, sto lat“ (das polnische Geburtstagsständchen) für unseren Poldi.

Aus Sicht der deutsch-polnischen Beziehungen sicherlich ein Highlight. Die Welle der Begeisterung ging durchs Land, überall bejubelte man die Ankunft der europäischen Fußballgäste, ja auch und vor allen die, die schon ab Freitag zu unseren Gruppengegnern werden. Mehr Gastfreundschaft geht auch kaum: so werden die russischen Gäste in der größten Fan-Zone Polens (100.000 Menschen), direkt am Fuße des Warschauer Kulturpalasts, bei seinem Anblick auf Anhieb das heimische Gefühl spüren. Dann tut auch hoffentlich eine Niederlage gegen uns nicht mehr so weh…

Jakub Wawrzyniak, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen aktuellen polnischen Nationalspieler, wurde 1980 in Poznan geboren, kam 1996 als Diplomatenkind nach Köln und wurde 2007 Vizekonsul für Kulturangelegenheiten und Öffentlichkeitsarbeit im polnischen Generalkonsulat. Seit Kindertagen ist er bekennender Fußball-Fan und Mitglied der Leidensgemeinschaft des 1. FC Köln. "Der Glaube kann Berge versetzen" ist sein Credo - als Pole, leidenschaftlicher Anhänger seiner "Kadra" und EM-Reisender ist er sehr gläubig und für RevierSport als Gastkolumnist tätig.

Das Fieber breitet sich aus. Fahnen an den Häusern, an den Autos. An den Litfaßsäulen überstreift der große Fryderyk Chopin für eine Info-Kampagne der Stadt das Nationaltrikot und schnürt die Fußballschuhe. An den beleuchteten Türmen der Stadt erinnern Szczęsny, Lewandowski und Kuba, dass „deren Zeit jetzt gekommen sei”. Dies müssen sie nun beim Auftakt unter Beweis stellen.

Diesen 2:0-Auftaktsieg werde ich live im Stadion erleben dürfen. Ein Traum wird in Erfüllung gehen: die Heim-EM, in einer wunderbaren Fußballarena an der Weichsel, in der polnischen Hauptstadt, die seit Donnerstag von (fast) jeder europäischen Stadt nur eine Autobahnfahrt entfernt ist. Punktlandung, würde ich sagen. Gänsehaut, ja sicher auch feuchte Augen, sind bei der Nationalhymne vorprogrammiert. Leider wohl ohne Bildernachweis, da die UEFA zwar „professionelle Fotokameras“ verbietet, diese aber auch nicht definiert. Das Peszko-Nationaltrikot ist frisch gebügelt, die weiß-rote Theaterschminke bereit gestellt. Vorfreude pur. Mann, ich glaube, es hat mich gepackt. Das Fußballfieber.

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