Zu besonderen Anlässen darf es gern auch die feinere Garderobe sein. Schwarzer Anzug, weißes Hemd, silbergraue Krawatte, schwarze Lederschuhe – alles für alle maßgeschneidert. So traten die prominenteren Angestellten von Borussia Dortmund die Reise nach London an, wo der Bundesligist an diesem Mittwoch (20.45 Uhr/ZDF) vom englischen Vize-Meister Tottenham Hotspur zum ersten Champions-League-Spiel dieser Saison empfangen wird. Doch die Aufmachung warf auch Fragen auf.
Zum Beispiel warum Julian Weigl sich der Uniformierung zumindest teilweise entzog. Zum teuren Tuch trug der Mittelfeldstratege bloß Turnschuhe. Die Antwort: Beim an den Fuß angepassten Schuhwerk hatte man sich zwar nicht vermessen, dennoch drückt die Narbe unangenehm, die von seinem Knöchelbruch zurückbleibt. Für einen Einsatz im Wembley-Stadion, dürfte es daher trotz seiner Rückkehr auf den Platz bei der U23 am vergangenen Wochenende etwas früh sein. Eine andere Frage ist die nach der Kragenweite des Trainers. Sein Hemd saß perfekt, aber der Dresscode in der Liga der Könige ist Peter Bosz neu. Während die meisten seiner Spieler bereits eine ganze Reihe von Begegnungen in der Champions League absolviert haben, ist es für den 53-Jährigen der erste Auftritt auf der hell erleuchteten Bühne. Dort das richtige Maß zu finden, wird seine Aufgabe sein.
Im vergangenen Jahr klopfte er immerhin an die Pforte des Fußball-Adels, aber zur ehrenwerten Gesellschaft erhielt er keinen Zutritt. Und zwar auf eine Weise, die in Erinnerung blieb. In der letzten Qualifikationsrunde unterlag er im entscheidenden Spiel mit Ajax Amsterdam beim russischen Außenseiter FK Rostov mit 1:4. Ein übles Ergebnis für einen Verein mit der Europapokal-Geschichte Amsterdams. Seine Mannschaft verstand damals noch nicht, was er von ihr sehen wollte, zudem war der Kader gerade erst wenige Tage zusammen. Doch all das hatte letztlich auch sein Gutes: In der Europa League führte Bosz die Niederländer über Schalke und Lyon bis ins Finale. Ein Siegeszug, der ihn in den Fokus des BVB rückte.
„Die Trainer, die wir holen, debütieren alle bei uns in der Champions League. Das war in den vergangenen Jahre immer so, und das ist kein Problem“, kommentiert BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Jürgen Klopp startete 2011 mit einem 1:1 gegen Arsenal, Thomas Tuchel 2015 mit einem 6:1 in Warschau. „Peter Bosz ist sehr erfahren. Wer in der Europa League bis ins Finale kommt, der hat auch keine Angst vor der Gruppenphase der Champions League“, verspricht Watzke. Und doch drückt der Schuh ein wenig. Zumindest in der Defensive. Innenverteidiger Marc Bartra reiste wegen Leistenbeschwerden ebenso nicht mit nach London wie Kapitän und Linksverteidiger Marcel Schmelzer (Außenbandteilriss). Ersatz steht mit Ömer Toprak sowie Jeremy Toljan und Dan-Axel Zagadou bereit. Jede Veränderung in diesem sensiblen Bereich, sagt Watzke, könne dazu führen, „dass die Automatismen nicht mehr funktionieren“. Dass es so kommt, glaubt er freilich nicht. Ein eigenes Tor, sagt er, wäre wichtig, und am besten mindestens ein Punkt.
Denn laut dem BVB-Chef kommt der Trainer-Premiere gleich eine besondere Bedeutung zu. „Ich glaube schon, dass in der Gruppe eine Vorentscheidung im Duell mit Tottenham fällt, aber dazu bedarf es zweier Spiele“, sagt er und verweist auf den Favoriten der Vorrundengruppe: „Dass Real Madrid am Ende Dritter wird, dafür fehlt mir die Fantasie.“ Mit anderen Worten: Die Hoffnung, vor dem Titelverteidiger zu landen, ist vermessen.