Womöglich muss sich Mario Götze ja auch mal ein wenig bei Joachim Löw beschweren. Dass der Bundestrainer bekannt gemacht hat, welche Worte er im Sommer 2014 an der Seitenlinie des Maracanastadions seinem vielleicht talentiertesten Spieler ins Ohr flüsterte, hat ja schließlich auch zur überbordenden Erwartungshaltung an diesen jungen Fußballprofi beigetragen. Löw gab ihm ja bei der Einwechslung ins WM-Finale mit auf den Weg, er solle der Welt zeigen, besser als Lionel Messi zu sein. Mit diesem genialen Motivationstrick verhalf der Bundestrainer Götze zum wohl größten Moment der Karriere – und tat ihm zugleich damit trotzdem keinen Gefallen. Schließlich wurde in der Zeit nach dem WM-Titel, an dem Götze mit dem entscheidenden Tor in der Verlängerung maßgeblichen Anteil hatte, deutlich, wie viel besser und vor allem konstanter der argentinische Superstar auch nach dieser Nacht von Rio sein sollte.
Natürlich ist Joachim Löw genauso wenig konkret ein Vorwurf zu machen wie dem bis zum Sommer 2016 verantwortlichen FC-Bayern-Trainer Pep Guardiola, dass Mario Götzes Karriere stagniert ist. Während der drei Jahre in München hat das Supertalent stets den Eindruck erweckt, sich zu sehr mit den Nebensächlichkeiten der Glitzerwelt Fußball-Bundesliga zu beschäftigen und schon irgendwie auf das von Gott gegebene Potenzial fürs Spiel auf dem Rasen zu vertrauen. Die Folgen sind bekannt: Beim Rekordmeister hatten sie irgendwann keine Geduld und keine Verwendung mehr für den Offensivspieler, anstatt ins Ausland zu wechseln, entschied sich Götze für eine Rückkehr zum BVB. Mit allen Konsequenzen, die sich daraus ergaben.
Der spektakuläre Transfer sorgte rund um den Borsigplatz nicht ausschließlich für Jubelschreie. Die Nebengeräusche beim Wechsel von München nach Dortmund waren beinahe genauso laut wie einst beim Wechsel von Dortmund nach München. Wer damit ein Problem hatte, behandelt den einst Abtrünnigen inzwischen als Geduldeten. Götze wird nicht von allen BVB-Fans die gleiche Zuneigung wie in seiner ersten Dortmunder Phase erwarten können – mit guten Leistungen auf dem Rasen kann er sie zumindest aber milde stimmen.
Die Sehnsucht der anderen, wieder den alten Mario mit seinen genialen Momenten erleben zu wollen, ist für die Integration dabei nicht förderlich. Kein Wunder, dass sich der 24-Jährige jüngst genervt von der ihn immer begleitenden Diskussion zeigte, die Quervergleiche des damaligen und aktuellen Spielers als „Quatsch“ bezeichnete und daher erklärte: „Den alten Mario Götze wird es nicht mehr geben“. Vielleicht war es gut, mal in dieser Angelegenheit mit der Faust auf den Tisch zu hauen. Noch besser wäre es für Mario Götze aber, im Gipfeltreffen am Samstagabend der entscheidende Spieler zu sein und für einen BVB-Sieg zu sorgen. Ob alter oder neue Mario, das wäre den Borussia-Anhängern dann vermutlich völlig egal.