Ein Kommentar zur Lage bei RWE:
„Rot-Weiss Essen finde ich einfach nur noch tragisch. Stell dir vor, du bist RWE-Fan. Da kannst du jeden Tag nur noch saufen.“ Manni Breuckmann hat hier mehr als nur die Pointe getroffen. Wo andere Klubs schwelgerisch von Meisterschaften und Aufstiegen träumen, kokettiert man in Essen mit dem Jammer. Man muss vielleicht nicht auf Schmerzen stehen, um RWE-Fan zu sein, aber man sollte sie vertragen. Rot-Weiss hat Routine im Elend.
2010 war es mal wieder besonders schlimm. Der Traditionsklub lag klinisch tot darnieder. Seither ging es bergauf, verbunden mit verheißungsvollen Weichenstellungen. In der Regionalliga scheint der RWE-Express aber nun möglicherweise einen längeren Zwischenstopp einzulegen. RWE erlebt die schwerste sportliche Krise seit der Insolvenz.
Es grenzt an Chuzpe, den Anhängern nun abzuverlangen, einen Ausgleich, am besten noch einen Anschlusstreffer gegen Wattenscheid zu beklatschen. Schließlich waren sich doch hinterher alle einig, dass das schlussendliche 2:2 nur eine weitere betrübliche Episode der an Enttäuschungen nicht armen Saison sei.
Kein Applaus für Scheiße, würde man vielleicht in genau der rotzigen Sprache ausdrücken, mit der sich der Verein an guten Tagen schmückt. RWE muss Volkes Stimme aushalten. In guten wie in schlechten Zeiten. Welche andere Möglichkeit haben die Fans schon, ihren Unmut oder auch schlicht ihre Sorge um das Wohlergehen des Vereins zu kanalisieren? Es gibt aber einen entscheidenden Unterschied: Mit einem Pfeifkonzert richtet sich der Zorn so immerhin gleichmäßig gegen alle, die beinahe ausnahmslos ihre Aktien an der Misere haben. Sich aber hinter sogenannten Automatismen zu verstecken, die das scheinbar unerlässlich machen und einzelne Personen in fast schon zerstörerischer Absicht zu demontieren, ist schlichtweg unappetitliche Hetze.
Man muss sich nicht beim CVJM organisieren oder bei verbalen Fehltritten mit dem moralischen Zeigefinger fuchteln.
Vielleicht gibt es aber einfach gute Gründe, menschlich miteinander umzugehen. Ganz einfach, weil das Leben viel zu oft ein viel zu großes Arschloch ist, als dass man sich im Alltag noch gegenseitig das Dasein verleiden müsste. Zumal wenn einen doch die gemeinsame Sache eint, manch einer unter dem Dach eines Vereins beinahe familiäre Gefühle entwickelt. Das Stahlbad, durch das Waldemar Wrobel am Dienstag gehen musste, sollten die Essener bei Lichte betrachtet nicht mal einem Schalker gönnen. Die Saison ist wohl verschenkt, die kurzfristige Perspektive trist. Aber wer sollte das wegstecken, ohne die eigenen Werte zu verraten, wenn nicht Rot-Weiss Essen?