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Wettrüsten im Groschengrab

Kommentar: Wettrüsten im Groschengrab

Während sich die Welt vor der Bundesliga verneigt, treibt das verzweifelte Wettrüsten in den unteren Ligen immer mehr Vereine in die Pleite. Ein Kommentar.

Die Wahrscheinlichkeit auf sechs Richtige im Lotto liegt bei 1:140 Millionen. Das ist vergleichbar mit der Aussicht darauf, zweieinhalb Mal Fünflinge zur Welt zu bringen. Und selbst das gilt vermutlich nur für Männer. Obwohl es jeder Vernunftbegabung, die sich in acht Millionen Jahren Menschheitsgeschichte herausgemendelt hat, widerspricht, ist es noch immer ein erträglicher Beruf, sich auf die andere Seite der Lottoannahmetheke zu stellen.

Allein die Aussicht auf das große Geld strahlt einen schier unwiderstehlichen Reiz aus. Dem erliegen nicht nur Otto Normal und Max Mustermann. Dass sich der Profifußball den Mechanismen der Wirtschaft unterworfen hat, ist eine Binse. Da kann Borussia Dortmund noch so öffentlichkeitswirksam von echter Liebe faseln und gegen den FC Bayern den Kampf Gut gegen Böse herbeilamentieren: Der BVB ist seit dem letzten Jahrtausend börsennotiert. Schalke lässt sich von einem Großsponsor aushalten, bei den Bayern schießen Global Player Hunderte Millionen rein, Leverkusen Tore ab Werk.

In grellen Farben erzählt die DFL Geschichten aus der High Society. Das verführt zum Träumen – und Träume sind gefährlich. Die Pleiten von Traditionsklubs wie Aachen oder nun dem MSV und Offenbach sind in ihrer Ursache vielfältig, im Ergebnis aber programmiert. Ob sie sich nun an den Tropf eines Mäzens hängen oder überdimensionierte Stadien bauen. Kein Klub kann sich das Wettrüsten auf Pump erlauben. Da helfen weder Errungenschaften der Vergangenheit noch Fans. Gegenüber klaglosem Klatschvieh sind sie fast schon hinderlich und als finanzieller Bonus beinahe wirkungslos.

Durch hermetische, teilweise krass sportwidrige Aufstiegsregelungen erstarren die Kräfteverhältnisse. Das Wettrüsten gegen die Tristesse macht Zweit-, Dritt- und Viertliga-Fußball zu russischem Roulette. Die Strahlkraft der Gewinner kratzt das nicht an, ihnen werden auch weiterhin alle nachzueifern versuchen, ein Ende des Goldrausches ist nicht abzusehen. Das Prinzip Lotto funktioniert seit Jahr und Tag. Aber eben nur, weil auf einen Gewinner 139.999.999 Verlierer kommen.

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