Und weil sie spüren, dass diese letzte Szene über Erfolg und Misserfolg einer ganzen Saison entscheiden kann. Nettelstedts Michal Jurecki hebt ab, zieht ab, doch dreht nicht ab. Weil sein Ball tatsächlich an den Armen der TUSEM-Deckung vorbeikommt und zielstrebig auf den Kasten von Gerrie Eijlers zusteuert.
Wenn dieses Geschoss reingeht, hat Essen drei Punkte Rückstand auf die Ostwestfalen und somit auch zum rettenden Ufer. Eijlers fixiert das Fluggerät mit seinen Augen, fährt blitzschnell den Arm aus – und lenkt den Ball um den Kasten herum. Er jubelt trotzdem nicht, dazu fehlt ihm die Kraft und vielleicht auch ein wenig die Lust.
"Die Jungs sind an die Grenze gegangen, die können noch nicht mal mehr sprechen", wird TUSEM-Trainer Kristof Szargiej wenig später sagen, um dann mit geballter Faust festzustellen: "Wir leben noch." Sein Gegenüber Zlatko Feric ärgert sich währenddessen, dass sein Team trotz eines Vier-Tore-Vorsprungs nicht die volle Punktzahl mit nach Hause nimmt: "Ich glaube, wir waren die bessere Mannschaft, da sind wir uns alle einig. Wir haben verpasst, den Sack zuzumachen. Aber die Ausgangslage ist jetzt ein bisschen besser für uns." Eijlers ist das egal. Nach dem abgewendeten Sekunden-Tod ist ihm klar, dass er noch weiter zittern darf.
TUSEM: Schmidt (11/4), Siniak (6), Katzirz (5), Schmetz (4/1), Casanova (3), Vrany (2) N-Lübbecke: Hildebrand (7), Skatar (5), Kokir (4), Jurecki (4), Datukasvili (3), Remer (3), Hazl (2/2), Tesch (2), Szymanski (1)
TUSEM InTeam
Aljoscha Schmidt freute sich schon auf die anstehende Pause, die aufgrund der Verlegung des Kiel-Spiels fast einen Monat betragen wird. "Wir sind körperlich absolut im Arsch und können die Auszeit richtig gut gebrauchen", räumte der elfmalige Torschütze freimütig ein.
Danach wird auch Evars Klesniks wieder an Bord sein, der aufgrund einer Nasen-OP aussetzen musste. "Man hat gesehen, dass wir ohne einen einzigen Linkshänder ziemlich leicht ausrechenbar waren", befand Mark Schmetz.
Der Zusatz des künftigen Lemgoers: "Ich weiß nicht, ob bei uns Nervosität im Spiel war. Ich hatte eher den Eindruck, dass wir zu schnell zu viel wollten."
Nettelstedts Oliver Tesch betonte nach dem Match: "Unser erster Auswärtspunkt ist enorm wichtig, aber für mich war diese Begegnung auch so etwas besonderes." Der gebürtige Gelsenkirchener spielte von 1998 bis 2004 für den TUSEM, seine Familie wohnt nur drei Kilometer von der Sporthalle am Hallo entfernt. Auf die Unterstützung seiner Lieben musste Tesch aber verzichten: "Meine Eltern sind gerade im Urlaub und meine beiden Brüder hatten zeitgleich mit Gladbeck ein Spiel in Lemgo." Das hält den 23-Jährigen aber nicht davon ab, das freie Rest-Wochenende in der Heimat zu verbringen.