Die Prüfung könnte zeigen, ob von Ullrichs Konten auf einer Bank in Kreuzlingen im Kanton Thurgau Überweisungen an den Madrider Dopingarzt Eufemiano Fuentes gegangen sind. Darauf deuten zahlreiche Indizien in den Dokumenten der "Operacion Puerto" hin. Bei Fuentes beschlagnahmte Blutfunde konnten ihm durch DNA-Vergleich eindeutig zugeordnet werden. In den Fuentes-Listen war Ullrich unter anderem als "Teilnehmer am Blutaustausch-Programm" notiert - wie auch die inzwischen geständigen Ivan Basso und Jörg Jaksche. Doch im Gegensatz zu ihnen bestreitet der 33-jährige Wahl-Schweizer weiter jede Manipulation und jede Verbindung zu Fuentes.
Sollte der inzwischen zurückgetretene Toursieger von 1997 des Dopings überführt werden, stehen für ihn Millionen auf dem Spiel. Die Bonner Staatsanwälte ermitteln gegen ihn wegen Betruges zum Nachteil seiner Arbeitgeber. Dies wären der Bonner Radrennstall Telekom/T-Mobile sowie mehrere private Sponsoren, die Klauseln auf Rückzahlung der Gelder bei Dopingvergehen in die Verträge eingebaut hatten. Allein das Jahresgehalt bei T-Mobile wurde auf 2,5 Millionen Euro geschätzt.
Bereits im August 2006 hatte die Bonner Behörde ihr Ersuchen um Rechtshilfe an die Schweiz gestellt. Dauraufhin kam es im letzten Herbst bereits zu einer Hausdurchsuchung in Ullrichs Villa in Scherzingen. Auch gegen die Freigabe der dabei beschlagnahmten Unterlagen hat Ullrichs Einspruch eingelegt.
Über diesen muss noch gesondert entschieden werden. Laut Schindler warte man noch auf das Urteil, bevor man die Ermittlungen möglichwerweise abschließen könne. Die Offenlegung der Konten hatte das Bundesstrafgericht bereits am 18. Mai genehmigt, doch Ullrich legte dagegen beim Bundesgericht Einspruch ein. Die höchste Instanz lehnte dies mit dem Hinweis ab, dass die fraglichen Tatbestände auch in der Schweiz strafbar seien. Deshalb gilt nun auch die Freigabe der bei der Hausdurchsuchung beschlagnahmten Papiere als wahrscheinlich.
Sie sind das "letzte Mosaiksteinchen", auf das die Bonner Ermittler noch warten. Mit ihrem Rechtshilfeersuchen in Belgien hatten sie bereits Erfolg. Dort war Ullrichs langjähriger Betreuer Rudy Pevenage vernommen worden, über dessen Telefonate mit Fuentes die spanische Polizei ihm und seinem Schützling auf die Spur gekommen war. Gegen Pevenage wird in Deutschland wegen Verstoßes gegen das Arzneimittelgesetz ermittelt.