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Altig feiert 70. Geburtstag
300 Gäste, darunter Prominenz aus Politik und Sport

Altig feiert 70. Geburtstag
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Die deutsche Radsport-Legende Rudi Altig feiert heute seinen 70. Geburtstag. 300 Gäste, darunter Prominenz aus Politik und Sport, erwartet das Geburtstagskind im Kursaal von Bad Neuenahr zur Feier. Der erste große Star und wohl beste Allrounder, den der deutsche Radsport je hatte, begeht seinen runden Geburtstag in für ihn typischer Weise: 70 Jahre und kein bisschen leise. Der Kursaal von Bad Neuenahr wird aus allen Nähten platzen.

"Es haben schon über 300 Leute zugesagt, jetzt kann ich wirklich keine Nachmeldungen mehr annehmen", erzählt Rudi Altig mit leichtem Bedauern. Die Schar der Gratulanten reicht von den Ex-Ministern Norbert Blüm und Rudolf Scharping bis hin zu zahlreichen Wegbegleitern aller Lager, natürlich auch Sportgrößen wie Marika Kilius, Martin Lauer oder Eddy Merckx. Der Sportler des Jahres 1966 hat an Popularität kaum eingebüßt - auch weil der aus bescheidenen Verhältnissen gekommene Mannheimer nie zum Abheben neigte. Zu seinen Ehren war Anfang August 1960 mitten im kalten Krieg erstmals in der "DDR" das Deutschlandlied gespielt worden. Altig war in Leipzig Profi-Weltmeister im Verfolgungsfahren geworden. Ein Jahr zuvor hatte er sich in Amsterdam den Titel bei den Amateuren geholt und erstmals für internationale Schlagzeilen gesorgt: 30 Minuten lang stand er inmitten der Arena Kopf. Nicht etwa aus PR-Gründen, sondern weil die Yoga-Übung seiner Bandscheibe gut tat. Sein folgender Wechsel ins Profilager hatte Entsetzen in der Bundesrepublik ausgelöst, denn so ging ein "sicheres" Gold 1960 in Rom verloren. Man wollte ihm "goldene Brücken" bauen - doch Altig lehnte ab und erklärte ganz offen: "Ich will keinen olympischen Meineid leisten!" Dieses offene Visier ist stets sein Markenzeichen geblieben: "Ich konnte nie heucheln." Das merkte auch Frankreichs Superstar Jacques Anquetil, mit dem Altig ab 1962 in einer Mannschaft fuhr und dem er gleich den Sieg in der Spanien-Rundfahrt vor der Nase wegschnappte. Dass der Alemanne als Einziger nicht vor dem Meister kuschte, brachte "notre Rüdie" viel Respekt im Nachbarland ein. Mit Anquetil vertrug er sich später übrigens prächtig.

Sein Tour-Debüt 1962 wurde zum Paukenschlag. Gleich auf der ersten Etappe ließ er die Konkurrenz alt aussehen, L´Equipe sprach von einem "königlichen Sprint". Altig gewann drei Etappen und das Grüne Trikot, Anquetil die Gesamtwertung. Die ganz hohen Gipfel waren für das deutsche Kraftpaket doch zu schwer. 1963 ließ sich die Bandscheiben-Operation nicht mehr umgehen, das Comeback 1964 leitete er mit dem Sieg bei der Flandern-Rundfahrt ein, 1965 warf ihn ein Oberschenkelbruch bei der Vuelta erneut zurück.

Dann kam der brütend heiße Sonntag des 26. August 1966. Bei der Straßen-WM auf dem Nürburgring schien Altig nur 7km vor dem Ziel längst geschlagen, machte im Alleingang 50 Sekunden auf die starke Spitzengruppe wett und holte sich das Regenbogen-Trikot vor Anquetil und Raimond Poulidor. "Dat Ding macht dem Rudi keiner nach", sagte Hennes Junkermann voller Bewunderung.

Am 19. März 1968, einen Tag nach seinem 31. Geburtstag, war es endlich soweit: Nach mehreren vergeblichen Anläufen gewann Altig als erster Deutscher auch den Klassiker Mailand-San Remo: "Damit hatte sich auch mein längster Jugendtraum endlich erfüllt."

1971 trat er ab, nach WM-Titeln auf Bahn und Straße, Triumphen bei Klassikern und Rundfahrten, acht Etappensiegen in der Tour und 18 Tagen in Gelb - ein deutscher Rekord, den weder Didi Thurau noch Jan Ullrich überbieten konnten. Und dabei war er meist auf sich allein gestellt. Auch auf den Winterbahnen (23 Sechstage-Siege) war "Rudi-Rallala" der Pubikumsmagnet schlechthin.

Weniger erfolgreich blieb das Engagement als Bundestrainer, seine Forderung nach mehr Professionalität fruchtete nicht. Als Rennleiter oder Berater (Felt-Räder) blieb er dem Radsport weiter verbunden, lange auch als Fernseh-Kommentator: "Dass mich die ARD ausgebootet hat, tut ein bisschen weh."

Die Schuld gibt er dem früheren Sportkoordinator Hagen Boßdorf: "Dem hat es nicht gepasst, wenn ich Telekom kritisiert habe. Rudi, das darfst du nicht sagen, hieß es immer." Ein neues Angebot würde er kaum abschlagen: "Ich will den roten Faden nicht durchschneiden." Deshalb ist er auch gern Botschafter der WM 2007 in Stuttgart. Obwohl er auch mit Jan Ullrich oft hart ins Gericht gegangen ist, bricht er für ihn nun eine Lanze: "Man hat ihn fallen lassen, das finde ich nicht gut." Und er hält es für "schizophren", dass sich die Doping-Diskussion fast nur um den Radsport dreht: "Man tut ja so, als ob überall sonst im Sport und in der Gesellschaft alles sauber ist."

Das regt ihn zwar auf, kann ihm aber die Vorfreude auf Sonntag nicht schmälern: "Das Schönste ist, dass die Familie intakt ist und alle gesund sind." Seit 31 Jahren ist er mit Monique verheiratet. Sie leben in Sinzig mit Blick auf den Petersberg, die Kinder Cindy und Steven sind noch im Hause, Tochter Iris aus erster Ehe reist mit Enkelkind an: "Es wird bestimmt eng, gemütlich und lustig." Also so ganz nach seinem Geschmack.

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