Aus Danzig ging es für den damals 16-Jährigen in die große, weite Fußballwelt zum europäischen Topklub Schalke 04. Der halbe Kontinent buhlte um das vielversprechende Talent aus der Danziger Lechia-Akademie. Unter den Bewerbern waren unter anderem Borussia Dortmund. Ajax Amsterdam, Manchester United, FC Barcelona. Gemeinsam mit seiner Familie entschied sich der heutige Mittelfeldspieler der Schalker U19 letztendlich gegen eine der Weltmetropolen und für Gelsenkirchen. Oskar in der Rolle des verstorbenen Papas
Im Juni 2013 ging es für Oktawian gemeinsam mit Vater Zbigniew in das Ruhrgebiet. Der Anfang war für den Blondschopf alles andere als einfach: eine fremde Stadt, eine andere Kultur, mangelnder Sprachkenntnisse. Jedoch hatte das neue S04-Juwel stets seinen Vater an der Seite – bis zum vergangenen Sommer. Skrzecz Senior erlitt einen plötzlichen Tod und der 17-Jährige war in einem fremden Land auf sich alleine gestellt. Natürlich war auch Schalke in dieser harten Zeit für den Jugendlichen da. Doch Verantwortliche eines Vereins können noch lange keine Familie ersetzen – allen voran nicht in solch einem jungen Alter.
Die Unterstützung ließ nicht lange auf sich warten. Mama Skrzecz und Oktawians vier Jahre älterer Bruder Oskar verließen im November die polnische Ostsee-Stadt Danzig in Richtung Ruhrgebiet. Mittlerweile leben die Skrzecz-Brüder mit ihrer Mutter seit rund vier Monaten in Gelsenkirchen. „Der Tod unseres Vaters kam völlig unerwartet und war für uns alle ein großer Schock. Unser Papa war nicht nur ein Vater, sondern auch unser Mentor, unser Vorbild. Er war immer für uns da. Jetzt müssen wir füreinander da sein und uns helfen“, erklärt Oskar den Umzug nach Deutschland.
Mittlerweile hat sich die Familie von der Tragödie ein wenig erholt und versucht, sich in Gelsenkirchen ein neues Leben aufzubauen. Auch Oskar, dem zwar nicht das große Talent seines Bruders Oktawian in die Wiege gelegt wurde, spielt seit Januar in seiner neuen Heimat Fußball. Ein Probetraining, vermittelt von Schalkes U13-Trainer Heinz-Peter Neumann, brachte den älteren der Skrzecz-Brüder zum SV Horst 08. „Wir sind von dem Jungen begeistert. Er ist ein angenehmer Zeitgenosse und sportlich eine Verstärkung für uns“, sagt Uwe Nowitzki, Abteilungsleiter des Westfalenligisten. Am Rande: Neumann wechselte nämlich auch erst kürzlich vom VfB Günnigfeld zum SV Horst 08.
„Ich bin sein kleiner Chauffeur“
Oskar Skrzecz
Oskars Alltag in Deutschland bestimmt neben dem Erlernen der deutschen Sprache notwendige Hilfestellungen für seinen Bruder Oktawian. „Ich fahre täglich in die Reha oder zum Trainingsgelände. Ich bin sein kleiner Chauffeur“, meint Oskar mit einem Lächeln im Gesicht. Aber was tut man nicht alles, damit der kleine Bruder eine große Karriere macht? „Genauso sehe ich das auch. Alles, was meinem Bruder weiterhilft, mache ich auch. Wir unterstützen ihn mit unserer Mama, wo wir nur können. Der Hauptgrund, warum wir in Gelsenkirchen sind, ist Oktawian“, betont Oskar.
Aber auch er selbst verfolgt sportliche Ziele im Ruhrgebiet. Immerhin spielte Oskar in Polen zuletzt für den Drittligisten Baltyk Gdynia (deutsch: Gdingen). „Das war aber nur bis zum Sommer 2014 – bis unser Vater verstarb“, erzählt er mit einer nachdenklichen Stimme und führt fort: „Jetzt müssen wir aber nach vorne schauen und das Beste aus unserem Leben machen. Das hätte unser Papa auch so gewollt.“
Auf dem Schollbruch fühlt sich der gebürtige Danziger jedenfalls wohl und spürt nach nur ein paar Wochen wieder den Hunger auf Fußball: „Die 6. Liga in Deutschland ist schon sehr gut. Meine Mannschaftskollegen spielen einen ordentlichen Ball. Vielleicht gelingt es mir hier, durch gute Leistungen auf mich aufmerksam zu machen und noch ein, zwei Ligen höher zu spielen.“
Jedenfalls steht schon jetzt fest, dass Gelsenkirchen auch für Oskar immer eine besondere Stadt bleiben wird. Denn dieser Ort vereinte die Brüder Oktawian und Oskar sowohl in privater, als auch sportlicher Hinsicht.