Im Duell mit dem seit Jahrzehnten in abgrundtiefer Feindschaft verbundenen Erzrivalen 1. FC Lok (VfB) Leipzig hat der FC Sachsen (Chemie) Leipzig zum 2:2 ausgeglichen. Nicht etwa nach Toren - sondern nach Insolvenzen.
Dem auch sportlich abgeschlagenen und mit offiziell zwei Millionen Euro verschuldeten Nord-Regionalligisten droht nach der zweiten Pleite (zuvor 2001) nun die Liquidation. Die haben die Nachfolger des ersten deutschen Meisters VfB Leipzig nach ihren Finanzdebakeln von 1999 und 2004 bereits hinter sich. "Das Ganze ist einfach nur sehr, sehr traurig. Dabei gibt es neben Berlin nur noch hier eine Region im Osten, die gute Voraussetzungen für den Fußball bietet. Was in Leipzig daraus gemacht wurde, ist katastrophal", sagt Klaus Reichenbach und beschreibt das Trümmerfeld in der einstigen ostdeutschen Fußball-Hochburg.
Der Präsident des Sächischen Fußball-Verbandes (SFV) verweist zugleich auf den Hunger der Leipziger Fans nach hochkarätigem Fußball, was sich auch im Run auf Eintrittskarten für das WM-Qualifikationsspiel der DFB-Auswahl gegen Liechtenstein (28. März, 20.00 Uhr/live im ZDF) niederschlagen würde. Der vorläufig letzte große sportliche Zahltag in der 116 Millionen Euro teuren (verbaut wurden vorrangig Steuermittel) und 45.000 Zuschauer fassenden WM-Arena, die nach dem neuerlichen Crash des bisherigen Mieters FC Sachsen auf direktem Weg zur Invest-Ruine ist.
Gelingt dem nach eigenen Angaben noch über mindestens 350.000 Euro Eigenkapital verfügenden FC Sachsen die geordnete Insolvenz mit einem von allen Gläubigern akzeptierten Insolvenzplan, dann dürften die Grün-Weißen aus dem Stadtteil Leutzsch im Leipziger Nordwesten in der kommenden Spielzeit als Regionalliga-Absteiger in der Oberliga antreten. Und würden dort wahrscheinlich ausgerechnet wieder dem Erzfeind aus Probstheida im Südosten begegnen.
Der zu DDR-Zeiten von den lokalen SED-Bossen hofierte und zum Leistungszentrum bestimmte Europapokal-Finalist von 1987 1. FC Lok meinte, im geeinten Deutschland als Nachfolger des bürgerlichen VfB die besseren Chancen zu haben, schaffte es sogar für eine Saison (1993/94) in die Bundesliga und verschwand zehn Jahre später nach gnadenloser Misswirtschaft aus dem Vereinsregister. Vorgänger und Nachfolger 1. FC Lok arbeitet aktuell am Comeback und hat sich offenbar schuldenfrei schon wieder bis in Liga 5 hochgearbeitet.
Die Nachfolger der einst in Leipzig weit beliebteren (nicht protegierten) Betriebssportgemeinschaft (BSG) Chemie, verspielten in den letzten Jahren mit genau dem gleichen Fehlerbild (überbezahltes Personal, realitätsferne Ansprüche) dilettantisch ihre Chance auf die Vorherrschaft und zugleich die Sympathie des eigenen Klientels. Mittlerweile kickt bereits eine von Abweichlern des FC Sachsen neu gegründete BSG Chemie in Leipzigs Kreisklasse. Neue Facette des scheinbar unendlichen Kampfes um die Nummer 1 im Fußball-Nirgendwo.