Seit fast zwei Jahren warten die Mitglieder des KFC Uerdingen darauf, im Rahmen einer Mitgliederversammlung mal wieder auf den Stand der Dinge gebracht zu werden.
Auf den Tag genau zwei Jahre nach der bisher letzten Veranstaltung am 13. Januar 2023 hätte das nun am 13. Januar 2025 geschehen sollen. Doch wie KFC-Boss Thomas Platzer im Interview mit "Radio Blau-Rot" bekanntgab, werde die Veranstaltung auf unbestimmte Zeit verschoben.
Wenn es so weit ist, wird es auch um die Amtszeit von Sebastian Thißen gehen. Der Krefelder war von April 2023 bis Juli 2024 Teil des KFC-Vorstandes. Danach machte er noch bis September 2024 weiter, ehe Peter Kahstein und später Dirk Röthig dazukamen. Gemeinsam mit dem ersten Vorsitzenden Thomas Platzer bilden sie aktuell den Vorstand, der jedoch mehr als zerrüttet ist.
Bei der Mitgliederversammlung sollen sie dann gemeinsam auftreten und den Mitgliedern einen Überblick über den Ist-Zustand sowie die Vergangenheit geben. "Ich bin der Überzeugung, dass es weder eine Mitgliederversammlung, noch eine Infoveranstaltung oder sonst irgendetwas geben wird, bei denen den Fans die richtigen Zahlen präsentiert werden. Deshalb sehe ich es als meine Pflicht an, mich zu Wort zu melden", sagt Thißen.
Im April 2023 ist Thißen ins Amt gekommen. Er sollte in seiner Vorstandsrolle der Jugend eine Stimme geben, schrieb der Verwaltungsrat in einer Mitgliederinformation im September 2024 über den Vorstand aus dem Jahr 2022. Der Vorstand damals: Damien Raths, Marc Schürmann, Christoph Lenz, Andreas Scholten und eben Sebastian Thißen. Rund ein Jahr vorher, zum 1. Februar 2022, war das Insolvenzverfahren des KFC offiziell beendet worden. Die Saison 2022/23 verbrachte der KFC in der Oberliga Niederrhein. Soweit die Ausgangslage.
Thißen selbst beschreibt folgende Situation: "Als ich im April 2023 in den Vorstand des KFC gekommen bin, hatten wir Verbindlichkeiten in Höhe von rund 350.000 Euro. Kurz davor ist allerdings der Sponsorenvertrag mit 'dasbob' geschlossen worden. Deswegen bin ich überhaupt erst dazugestoßen. Ich wollte ein vernünftiges Fundament vorfinden, mit dem wir planen können."
Dennoch habe der KFC am Ende weiter rote Zahlen geschrieben. "Wir haben die Saison 2022/23 mit Verbindlichkeiten in Höhe von rund 500.000 Euro abgeschlossen." Eine gewaltige Summe, die aber unter anderem das "dasbob"-Sponsoring auffangen sollte. "In das Budget für die Saison 2023/24 wurde nicht das gesamte Haupt-Sponsoring-Geld in Höhe von 500.000 Euro eingerechnet, sondern nur etwas mehr als die Hälfte. Das hat dazu geführt, dass wir die Saison 2023/24 glücklicherweise 'nur' mit einem Minus von 160.000 Euro abgeschlossen haben."
Einerseits habe der KFC, unter anderem durch Spenden, um die 80.000 bis 90.000 Euro eingenommen, andererseits seien rund 420.000 Euro an Verbindlichkeiten seitens "dasbob" nicht beglichen worden. "Unter dem Strich war es eine vernünftig kalkulierte Saison", sagt Thißen.
In die Berechnungen seien alle Prämien, auf die Teile der Aufstiegsmannschaft 23/24 immer noch warten, eingeflossen. "So hatten wir im Sommer Verbindlichkeiten in Höhe von ungefähr 650.000 bis 660.000 Euro. Weit über 300.000 Euro entfallen dabei auf die Berufsgenossenschaft VBG."
Im Juni 2024 bestand der Vorstand nach diversen Veränderungen zeitweise nur noch aus Sebastian Thißen und Andreas Scholten. "Wir haben die Saison 2024/25 in der Regionalliga West dann zu zweit geplant. Wir haben sehr zurückhaltend geplant, da wir Verbindlichkeiten abbauen wollten. Für den gesamten Verein KFC Uerdingen 05 haben wir mit einem Budget von 1,2 Millionen Euro kalkuliert. Davon entfielen rund 580.000 Euro auf die erste Mannschaft. In den 1,2 Millionen Euro war zudem die Rückzahlung von Verbindlichkeiten in Höhe von 100.000 Euro eingeplant."
Zudem hätten beide mit einem Schnitt von rund 2200 Zuschauern kalkuliert. "Die Werbeeinnahmen lagen mit rund 400.000 bis 450.000 Euro auf Oberliga-Niveau. Dazu wäre dann ein eventueller Hauptsponsor gekommen."
Dass der KFC mit diesem Budget in der Regionalliga nicht weit gekommen wäre, sei eingeplant gewesen. "Es wäre nur um den Klassenerhalt gegangen, wenn überhaupt. Ein möglicher Abstieg war da eingeplant."
Weiter sagt Thißen: "Vereinbart war, dass der Etat der ersten Mannschaft erst dann erhöht werden darf, wenn das durch mehr Sponsoreneinnahmen gedeckt wäre."
Für die Sponsoren-Akquise sollte dann eigentlich Mehmet Eser zuständig sein, sagt Thißen. "Weiterhin war vereinbart, dass Mehmet Eser, beziehungsweise M-Soccer Management, die Sponsoren, deren Plätze nur einmal zu vergeben sind, selbst ins Boot holt."
Der Ausgang ist bekannt: Bis heute hat der KFC Uerdingen keinen Hauptsponsor präsentiert. Unter Druck verkündete der erste Vorstandsvorsitzende Thomas Platzer Anfang Oktober zunächst, dass er mit seiner Firma 'Gangbild' auf die KFC-Brust gehe. Es passierte nichts. Dann stellte Eser einen Sponsor in Aussicht, wollte andernfalls selbst mit M-Soccer Management auf die Trikot-Brust.
Mitte November verkündete der KFC dann, dass Mercedes Herbrand neuer Hauptsponsor werde. Gleichzeitig gehe es darum, "die formellen Vertragsunterlagen abzuwarten und den Deal schnellstmöglich abzuschließen". Herbrand ziert das Trikot. Der Deal ist aufgrund der brisanten Lage im Vorstand allerdings auf Eis gelegt, wie Eser in einem Interview mit "Radio Blau-Rot" erläuterte.
"Bis ich da war, ist kein einziger Großsponsor gekommen und kein einziger Cent eingenommen worden", sagte Thißen. Es seien generell so gut wie keine neuen Sponsoren gekommen. "Es sind vor allem Bestands-Sponsoren da. Von den eingeplanten 400.000 bis 450.000 Euro an Sponsoreneinnahmen sind wir bis heute noch weit entfernt."
Zudem habe Thomas Platzer vor seinem Amtsantritt im Sommer zugesichert, Geld mitzubringen. "Er hat telefonisch, im Beisein von Mehmet Eser, Nils Gehlings, Andreas Scholten, unserem Steuerberater und mir mitgeteilt, dass er, sollte er erster Vorsitzender werden, einen Geldbetrag in Höhe von rund 350.000 bis 400.000 Euro mitbringen würde. Erst daraufhin wurden die ersten Spielerverträge unterschrieben. Auch dieses Geld ist bis zu meinem letzten Tag im Vorstand nicht geflossen."
Im Gegensatz dazu sei der Spieleretat um rund eine Million Euro überzogen worden. "Als ich im Oktober gegangen bin, lag der Spieleretat bei rund 1,3 bis 1,4 Millionen Euro. Genehmigt waren 580.000 Euro." Die Höhe der Verbindlichkeiten schätzt Thißen, zum Zeitpunkt seines Ausstieges, auf rund 700.000 bis 750.000 Euro.
Die derzeitigen Verbindlichkeiten schätzt Thißen auf rund 1,2 Millionen Euro. "Im Sommer wäre eine Insolvenz meiner Meinung nach noch abzuwenden gewesen. Jetzt halte ich das nicht mehr für möglich. Sollte noch ein Gönner mit einer Million Euro um die Ecke kommen, würde ich mich freuen. Ich kann es mir aber nicht vorstellen."
Vielmehr müsse sich der KFC stabil aufstellen, um im Falle einer Insolvenz eine Fortführungsprognose zu bekommen. "Der Verein muss sich in sämtlichen Gremien teils neu aufstellen und im Jugendbereich einen starken Partner Bayer Uerdingen an der Seite haben. Dann müssen mit einem stimmigen Konzept Sponsoren gewonnen werden, die für eine bestimmte Quote Geld geben würden. Dazu sollte die Stadt mit ins Boot geholt werden, damit es überhaupt die Möglichkeit auf eine Fortführungsprognose gibt. Ohne eine Zusammenarbeit mit Bayer Uerdingen wird der KFC nicht überleben."