Ein 0:0 an der Hafenstraße, hatte Straelens Trainer Marcus John vor dem Anpfiff gesagt, das würde er sofort unterschreiben. Schließlich reiste seine Mannschaft trotz Tabellenplatz sieben als Außenseiter an. Und John brauchte auch nicht lange die Taktik-Fibel zu studieren, sondern schickte gleich mal eine defensive Fünferkette aufs Feld. Davor noch eine dreiköpfige Absicherung, und schon hatten die Rot-Weissen so ihre Probleme. Geduld war mal wieder gefordert.
Die Gäste gingen robust in die Zweikämpfe, standen diszipliniert und störten das gegnerische Aufbauspiel ganz empfindlich. Aber vor allem: Sie ließen keine Lücke, und RWE gelang es nicht, den nötigen Druck aufzubauen, um sie zu reißen. Es fehlte das Tempo. Und wenn die Essener versuchten, das Problem spielerisch zu lösen, verhaspelten sie sich allzu oft oder blieben im Dribbling zweiter Sieger.
Maue Chancenbilanz bei den Hausherren
Straelen machte das geschickt und wurde mit der Zeit immer mutiger. Selbstbewusst setzten sie Nadelstiche und besaßen sogar die besseren Chancen in Hälfte eins. Der Freistoß von Lachheb aus 18 Metern (8.) war für Lukas Raeder kein Problem, bei Jafaris Versuch aus der Drehung musste sich der RWE-Keeper schon mehr strecken, um den Ball über die Latte zu fausten (19.). Nach einem feinen Pass in die Tiefe verfehlte Terada das Ziel deutlich (28.). Die Bilanz an Torchancen fiel bei den Hausherren mau aus. Ein Distanzschuss von Benjamin Baier (41.) war noch die gefährlichste Szene. Der Ball ging etwa einen Meter über das Tor.
Was tun? Trainer Karsten Neitzel rief seine Spieler vor dem Wiederanpfiff noch einmal kurz zusammen, um sie einzuschwören. Doch die wurden schon bald geschockt: Straelen tankte sich durch bis zur Grundlinie, in den scharfen Pass nach innen spritzte Shun Terada und drosch den Ball ins Netz zum 1:0 (50.), bevor Zeiger oder Raeder eingreifen konnten. Wie schon bei der Heimpleite gegen Lippstadt brauchte RWE nun viel Moral. Doch zunächst waren eher Schwimmübungen im Essener Strafraum angesagt. Straelen suchte offenbar die Entscheidung gegen den angeknockten Favoriten.
Als Benjamin Baier den Ball Stevens in die Beine schob, ging es ruckzuck. Die Essener Abwehr wurde regelrecht seziert, und Terada schnürte sein Doppelpack zum 2:0 (59.). Neitzel reagierte, nahm Nico Lucas vom Feld und beorderte Kevin Grund in die Zentrale. Björn Kluft hätte allerdings schon wenig später alles klar machen können, Raeder rettete jedoch mit dem Fuß (67.). Nach einem Freistoß von Baier köpfte der eingewechselte Robin Urban das 1:2 (75.). Hoffnung. Wieder köpfte Urban nach einem Freistoß, doch Kompalla reagierte stark. Und nach einem Eckball traf Timo Becker per Kopf zum 2:2 (75.). Das Stadion kochte, es wurde eine heiße Schlussphase. Und RWE hatte sogar noch den Sieg auf dem Fuß.
Autor: Rolf Hantel