Als Farat Toku am Sonntag über den schlimmen Vorfall vom Vortag sprach, da geriet seine Wortwahl deutlich sanfter. Er spüre „große Erleichterung“, freue sich, „dass die beiden so schnell wieder nach Hause dürfen“. Und noch einmal betonte er, dass ihm das Verhalten aller Anwesenden gefallen hatte, die Zeuge des schweren Unfalls der beiden Wattenscheider Matthias Tietz und Steve Tunga gewesen waren. All’ dem gab der 37-Jährige viel Raum in seinen Erzählungen. Dass seine Mannschaft beim SC Wiedenbrück 1:1 (0:0) gespielt hatte, wollte er nicht wertend kommentieren. Zu präsent waren noch die schlimmen Bilder vom Samstag.
Toku stand immer noch unter dem Eindruck der Szene, in der er um zwei seiner Spieler bangen musste. Eine Szene, die er nach dem Spiel drastischer kommentiert hatte: „Ich habe sofort einen Schrecken bekommen. Es war klar, dass da etwas Schlimmes passiert sein musste.“ Er hatte noch bildhaft vor Augen, wie die Ersthelfer auf den Platz stürmten und Steve Tunga und Matthias Tietz nach deren Zusammenprall auf dem Rasen wieder zu Bewusstsein holen mussten. Und wie Physiotherapeut Attila Inan verhinderte, dass Tietz, blutüberströmt, seine Zunge verschluckte. Toku: „Wenn solche Dinge passieren, dann weiß man, dass Fußball nur eine schöne Nebensache ist. Das Leben, die Gesundheit sind das A und O.“
Tietz mit Glück im Unglück
Inzwischen haben die Nullneuner Gewissheit, was den Zustand der beiden Verletzten betrifft. Tunga war nach einer leichten Gehirnerschütterung verhältnismäßig schnell wieder auf den Beinen, bei Tietz musste eine Platzwunde am Kopf behandelt werden. Der Pole hatte viel Glück: Die Ärzte konnten bei einer Computertomographie die zunächst vermutete Gesichtsfraktur ausschließen. Die Wucht des Zusammenpralls hatte zunächst deutlich schwerere Folgen befürchten lassen. Während Tietz und Tunga zunächst von einem Notarzt behandelt und anschließend ins St. Vinzenz Hospital gebracht wurden, mussten 22 unter Schock stehende Spieler vor 643 emotional ebenso betroffenen Zuschauern die restlichen sechs Minuten der Partie über die Zeit bringen. Das Ergebnis? Zu diesem Zeitpunkt längst nur noch eine die Statistik betreffende Nebensache. „Beide Mannschaften kann man zum Ablauf der letzten Spielminuten nur beglückwünschen. Es zeugt von Größe, weil es noch andere Werte außer Fußball gibt“, sagte Farat Toku.
Rund um den Mittelkreis hatten Wiedenbrücker und Wattenscheider Spieler sich den Ball zugespielt. Dafür gab es Applaus von den Rängen. „Ich ziehe den Hut vor allen Beteiligten. Es war die einzig richtige Reaktion der beiden Mannschaften“, sagte Wiedenbrücks Trainer Björn Mehnert. Der Vollständigkeit halber: Tietz hatte zum 1:0 für Wattenscheid (67.), Aygün Yildirim zum 1:1-Endstand getroffen (78.).