Stadtderby, 6000 Zuschauer, Bundesliga-Stadion - was für ein großartiger Nachmittag für den Amateurfußball in Westfalen. Der VfL Bochum II hat sich im Lokalduell gegen die benachbarte SG Wattenscheid 09 mit 3:0 (1:0) durchgesetzt. Beide Fanlager sorgten im Ruhrstadion für eine außergewöhnliche Stimmung und eine Rekordkulisse. In dieser Spielzeit kamen noch nie mehr Fans zu einer Oberliga-Partie.
VfL-U21-Cheftrainer Heiko Butscher sprach vom „kompliziertesten Spiel der Saison“. Warum? „Wir stehen auf Platz eins, spielen sehr konstant, haben Profi-Unterstützung. Da erwartet jeder, dass man gegen Mittelfeld-Mannschaften klar gewinnt“, erklärte der Ex-Profi.
Entgegen der Erwartungen war dem nicht so. Die Gäste aus Wattenscheid präsentierten sich mutig und engagiert, boten dem Spitzenreiter über weite Strecken Paroli. „Wattenscheid hat uns alles abverlangt. Wir mussten über die Grenze gehen, um erfolgreich zu sein. Wie so oft sind wir auf eine organisierte und spielstarke Mannschaft getroffen“, analysierte Butscher.
Sein Gegenüber, 09-Coach Christopher Pache, sah die geforderte Einstellung seines Teams, vermisste aber die Ruhe im Strafraum: "Wir hatten viel vom Spiel, leider fehlte uns auf der letzten Linie die Konzentration für den letzten Ball und der Punch. Insgesamt haben wir zu wenig aufs Tor geschossen, um den Gegner zu stressen."
Der Dosenöffner zur 1:0-Führung des VfL war ein Kopfballtreffer nach Eckball von Innenverteidiger Mohammed Tolba kurz vor der Pause (43. ). „Das ist der Grund, warum eine Mannschaft oben steht. Sie haben eine unheimliche Wucht und Präsenz in den Kopfbällen, was sehr schwer zu verteidigen ist. Das macht den Unterschied“, erklärte Pache.
"Geisteskrank" - 09-Coach Pache lobt Auswärtsfahrer
Im Verlauf der zweiten Hälfte wussten die Blau-Weißen dann immer mehr Routine ins Spiel zu bringen. Als die SGW alles auf eine Karte setzte und nach vorne warf, machte der VfL durch Tore von Benjamin Dreca (85.) zum 2:0 und Luca Bernsdorf (90.+1.) zum 3:0 schließlich den Deckel drauf.
Anschließend wurde ausgelassen vor der Ostkurve gefeiert. "Unsere Demütigkeit zeichnet uns aus. Wir haben einen unfassbar positiven Teamgeist. Ich muss allen Spielern ein Kompliment machen. Es nicht selbstverständlich, dass man dieses Spiel gewinnt. Für die Stadt war das ein ganz tolles Match", so der VfL-II-Trainer.
Auf der Gegenseite bedankte sich währenddessen ein enttäuschter, aber stolzer Coach der SGW minutenlang bei den knapp 1000 mitgefahrenen Wattenscheid-Fans. „Geisteskrank, das ist für Oberliga-Verhältnisse der absolute Wahnsinn“, sagte Pache. Der 36-Jährige genoss die Stimmung an der Seitenlinie mit jedem Atemzug: „Daran sieht man immer wieder, wozu Wattenscheid in der Lage ist. Dieses Zusammenspiel zwischen Fans und Spielern ist das wichtigste Puzzleteil eines Vereins. Darauf können wir unheimlich stolz sein.“