Der RWE-Kapitän, der gegen den SV Rödinghausen die Rote Karte gesehen hatte, bekam auch nach seiner Rückkehr keinen Platz in der Startelf. Neben Timo Brauer erhielten Jan-Steffen Meier und Nico Lucas den Vorzug im Mittelfeld. Mit einem über 45 Minuten enttäuschenden Resultat und der logischen Konsequenz, dass sich Trainer Sven Demandt in der Halbzeit genötigt sah, personelle Umstellungen vorzunehmen.
Lange habe er nachdenken müssen, gab der Coach der Rot-Weissen im Anschluss zu Protokoll, ehe er eine Entscheidung treffen konnte. Was nicht daran lag, dass ihm keiner seiner Spieler Argumente geliefert hatte, in der Pause in der Kabine zu bleiben. „Sieben, vielleicht auch acht“ Mann hätte Demandt nach eigener Aussage eine Verschnaufpause verordnen können.
Nach den zweiten 45 Minuten ließ sich konstatieren, dass der 51-Jährige mit der Maßnahme, Innenverteidiger Richard Weber und den erneut enttäuschenden Brauer aus der Partie zu nehmen, richtig gelegen hatte. Denn Essens Kapitän Baier hatte gleich in den ersten zehn Minuten nach dem Wechsel mehr gute Aktionen als der Rückkehrer vom SV Grödig, schoss zudem das wichtige 2:0 (63.) und überzeugte mit einem bärenstarken Auftritt.
Die fußballerischen Qualitäten Brauers sind weiterhin unbestritten. Die zeigte er im ersten Saisonspiel in Wiedenbrück, wo er auch als Torschütze glänzte und in Ansätzen im ersten Heimspiel gegen Aufsteiger Bonn. Danach fand er sich plötzlich auf der rechten Außenbahn wieder – damit fiel er in der Schaltzentrale aus. Seither warten die RWE-Fans auf den nächsten wirklich überzeugenden Auftritt des gebürtigen Esseners.
Entwicklung der Kollegen liefert genügend Argumente
Nun wäre es viel zu früh, über die Qualität dieses Transfers zu urteilen. Mindestens aber darf in Frage gestellt werden, warum Demandt so eisern an dem 26-Jährigen festhält. Denn für eine Pause des umjubelten Sommer-Transfers, an dem sich nach so kurzer Zeit schon die Geister scheiden, sprechen einige Beispiele aus der Mannschaft.
Das erste wäre Tolga Cokkosan: Der gelernte Linksverteidiger sollte einspringen, falls sich auf dem Flügel eine Vakanz ergibt. Der 21-Jährige erhielt jedoch erst in der ersten Pokalrunde in Grevenbroich eine Bewährungsprobe, konnte überzeugen und spielte bis zu seiner Verletzung gegen den BVB II in glänzender Verfassung.
Ein weiteres gibt Andreas Ivan ab. Die sportliche Qualität des Rumänen muss nicht hinterfragt werden – sofern er denn will. Weil er dies im Training offensichtlich nicht gezeigt und damit seinen Trainer zu einer öffentlichen Kritik animiert hatte, ließ Demandt ihn auf der Bank. Als er gegen Dortmund von Beginn an spielte, staunten die mehr als 11.500 Zuschauer nicht schlecht über das blinde Verständnis mit Kamil Bednarski. Und Ivan hatte die Kritik an seiner Person kurzzeitig vergessen lassen. „Er hat das gebracht, was er mindestens bringen muss. Er hat Gas gegeben und war engagiert“, fasste Demandt die Leistung zusammen.
Gegen Borussia Mönchengladbach II leistete sich Gino Windmüller einen dicken „Bock“ - in der nächsten Partie erhielt Richard Weber den Vorzug – seither zeigt sich der gebürtige Gelsenkirchener als zuverlässiger Partner neben Abwehrchef Philipp Zeiger.
Wir müssen dahin kommen, dass jeder einzelne seine Leistung stabiler bringt
Sven Demandt
Während Weber zu den unauffälligen, aber soliden Akteuren im RWE-Trikot zählt, dürfte das Beispiel Kasim Rabihic besser fruchten. Denn der Mittelfeldspieler saß zu Saisonbeginn häufiger auf der Bank, nutzte dann die Gunst der Stunde. Hatte er gegen Rödinghausen schon zu den besten Essenern gezählt, führte in den folgenden Partien kein Weg mehr an dem Bosnier vorbei.
Das letzte Argument lieferte schließlich Benny Baier am vergangenen Freitagabend. Ein Muster kann Sven Demandt daran jedoch nicht ablesen: „Es geht für einen Trainer ja immer darum, die vermeintlich beste Elf zu finden.“ Das war in dieser Saison nicht immer ganz einfach. Verletzungsbedingte Umstellungen und auch schwankende Leistungen der einzelnen Spieler würfelten die gewünschte Stammformation des RWE-Trainers immer wieder durcheinander. „Wir müssen dahin kommen, dass jeder einzelne seine Leistung stabiler bringt. Und wenn es geht, seine Qualitäten und Fähigkeiten nicht nur einmal, sondern relativ oft zu bringen.“